Liebender Vater des Tages: Laurent Fabius
Von Raphaël Schmeller
Die sogenannte Reform wird von mehr als 70 Prozent abgelehnt, wurde am Parlament vorbeidekretiert, und nun dürfen die Franzosen auf gar keinen Fall abstimmen über die Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre – es geht dabei um die Wahrung demokratischer Prinzipien. So haben die »neun Weisen« des Verfassungsrats gesprochen, die allesamt von Macron persönlich oder dem Staatschef nahestehenden Personen ernannt wurden und dafür 15.000 Euro Taschengeld im Monat kassieren.
Vom Präsidenten des Gremiums, einem gewissen Laurent Fabius, hätten Unbedarfte allerdings erwarten können, dass er sich gegen die »Reform« stellt und ein Referendum zulässt. Schließlich forderte der Sozialdemokrat und ehemalige Mehrfachminister vor wenigen Jahren noch die Rente mit 60. Er selbst bezieht seit seinem 50. Lebensjahr eine üppige Pension für seine Zeit als Staatsdiener (fünf Jahre von 1973 bis 1978).
Am Ende war Monsieur Fabius die Beziehung zu seinem Sohn aber wahrscheinlich doch zu wichtig. Der Filius ist nämlich Vorstandsmitglied bei McKinsey, und das ist zufällig der Beratungskonzern, der Macrons »Rentenreform« entworfen hat. Eine Entscheidung gegen das Gesetz hätte also vermutlich die Vater-Sohn-Beziehung ruiniert.
Schon 2021 war es fast zum Familienkrach gekommen, als Fabius und seine »Weisen« über Frankreichs Coronapolitik eine Entscheidung treffen mussten. Damals hatte Macron wieder bei McKinsey für mehrere Millionen Euro eine Coronastrategie bestellt, ohne dass später nachvollzogen werden konnte, für welche Maßnahme genau das Geld ausgegeben wurde. Zum Glück für McKinsey und Macron siegte auch damals am Ende die Vaterliebe.
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