3 Monate jW-digital für 18 Euro
Gegründet 1947 Dienstag, 30. Mai 2023, Nr. 123
Die junge Welt wird von 2709 GenossInnen herausgegeben
3 Monate jW-digital für 18 Euro 3 Monate jW-digital für 18 Euro
3 Monate jW-digital für 18 Euro
Aus: Ausgabe vom 04.05.2023, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Spaltung der Gewerkschaften

Gewerkschaften geben auf

Mehrheit für Angebot der britischen Regierung für Gesundheitspersonal
Von Dieter Reinisch
imago0246363974h.jpg
»Unser Gesundheitssystem ist unter Beschuss«: Mitglieder von Unite und der National Education Union demonstrieren gemeinsam vor dem Parlament (London, 2.5.2023)

Vor den Kommunalwahlen an diesem Donnerstag hatte die konservative Regierung in Großbritannien Grund zum Feiern: Gesundheitsminister Steve Barclay konnte eine Einigung im Lohnkampf der Beschäftigten des Gesundheitssystems NHS vermelden. Die meisten Gewerkschaften stimmten dem Angebot von gerade einmal fünf Prozent Lohnplus zu. Die große Pflegegewerkschaft RCN, die kämpferische Unite und die Ärzte wollen aber weiterkämpfen. Die Taktik der Regierung, die Gewerkschaften zu spalten, hat allerdings den Wind aus der Streikwelle genommen.

Im April hatten die Mitglieder der Gewerkschaften im staatlichen Gesundheitsdienst (NHS) wie GMB und Unison bereits knapp für das Angebot der Regierung gestimmt. Die Mitglieder der mächtigen RCN und der Unite stimmten dagegen. Bei den Verhandlungen mit Vertretern von 14 NHS-Gewerkschaften am Dienstag preschte die Regierung daher vor. Bei einer Abstimmung über das Regierungsangebot wurden die Stimmen nach Mitgliederzahlen gewichtet. Die Mehrheit stimmte für die Offerte.

Mehr als eine Million NHS-Angestellte sollen nun nach monatelangen Streiks für Reallohnerhöhungen mit einer Steigerung von fünf Prozent und einer Einmalzahlung von knapp über 1.600 Pfund abgespeist werden. Laut Berechnungen sank der Reallohn im NHS während der Coronajahre um 25 Prozent.

Die Unison-Sprecherin für das NHS, Sara Gorton, zeigte sich wie Gesundheitsminister Barclay erfreut: »NHS-Angestellte werden jetzt die Lohnerhöhung erwarten, für die sie gestimmt haben.« Denn wann sie kommen wird, ist noch unklar: »Wir hoffen, dass die Einmalzahlung und die Gehaltserhöhung im Juni da sind.«

Nicht zufrieden sind RCN und ­Unite, die gemeinsam eine halbe Million NHS-Mitglieder vertreten. RCN-Vorsitzende Pat Cullen betonte, die Einigung »ist nicht im Interesse des Pflegepersonals«. Ihre Gewerkschaft befinde sich »weiterhin im Kampf gegen die Regierung«. Doch derzeit hat nur Unite ein bestehendes Streikmandat, das in Großbritannien obligatorisch ist. RCN lässt im Mai ihre Mitglieder über ein neues sechsmonatiges Mandat abstimmen.

Der Economist bezeichnete die Streikwelle, die letzten Herbst begann, als die größte und folgenschwerste in der NHS-Geschichte. Die Einigung ist ein schwerer Schlag für alle Branchen. Die Regierung wird mit ähnlichen Methoden auch andere Gewerkschaften zu spalten versuchen.

In mehreren NHS-Bereichen werden die Arbeitskämpfe weitergehen. Die Ambulanzfahrer von Unite und die Ärzte haben für Mitte Mai neue Arbeitsniederlegungen angekündigt. Sie wollen sich nicht mit Kürzungen des Reallohns zufriedengeben. Ihr Kampf wird nun ungleich schwerer.

Onlineaktionsabo

Das Onlineaktionsabo der Tageszeitung junge Welt bietet alle Vorteile der gedruckten Ausgabe zum unschlagbaren Preis von 18 Euro für drei Monate. Das Abo endet automatisch, muss also nicht abbestellt werden. Jetzt Abo abschließen und gleich loslesen!

Ähnliche:

  • Mitglieder der Pflegegewerkschaft Royal College of Nurses am 1. ...
    03.05.2023

    Rechnung ohne Basis

    Britisches Gesundheitssystem: Regierung will Gewerkschaften spalten. Austritte nach schlechten Kompromissen
  • Das, was vom Streikrecht noch übrig ist, wird nicht im Parlament...
    29.04.2023

    Neuer Angriff

    Antistreikgesetz ist vorläufiger Höhepunkt der arbeiterfeindlichen Politik Großbritanniens. Koordinierter Widerstand der Gewerkschaften fehlt

Mehr aus: Kapital & Arbeit

Startseite Probeabo