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Aus: Ausgabe vom 05.04.2023, Seite 4 / Inland
Friedensbewegung

Minimalkonsens Friedenswunsch

Bündnis wirbt für Berliner Ostermarsch und weist Vorwurf der Kooperation mit Rechten zurück
Von Nick Brauns
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Auf die Straße für Frieden und Abrüstung. Berliner Ostermarsch (16.4.2022)

Das Wichtigste nannte Jutta Kausch von der Friedenskoordination (Friko) als Organisatorin des Berliner Ostermarsches gleich zu Beginn der Pressekonferenz am Dienstag in der Verdi-Ladengalerie: »Wir sind die Fraktion, die keine Waffenlieferungen an die Ukraine will. Wir verlangen, alles dafür zu tun, dass es zu einem Waffenstillstand kommt, dass Verhandlungen stattfinden, dass die Waffen so schnell wie möglich schweigen«. Dafür müsse auf die Bundesregierung, »die hier nicht unsere Interessen vertritt«, hingewirkt werden, so Kausch. »Wir bringen die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung zum Ausdruck«, betonte Lühr Henken vom Bundesausschuss Friedensratschlag als einer der Ostermarschredner unter Berufung auf eine Allensbach-Umfrage vom Februar.

Entweder die Ukraine blute in einem dramatischen Stellungskrieg aus, oder sie ziehe die NATO tiefer in diesen Krieg rein – mit der Gefahr eines Atomkrieges, zeigte Michael Müller, Vorsitzender der Naturfreunde und vergangene Woche Mitunterzeichner eines aus dem sozialdemokratischen Spektrum kommenden Friedensappells, die Alternativen auf. Daher gelte es große Länder wie China und Indien als Vermittler für einen Waffenstillstand heranzuziehen.

Einigkeit herrsche innerhalb der Friko darüber, dass Russlands Angriff auf die Ukraine ein Völkerrechtsbruch sei aber auch, dass der Krieg nicht erst am 24. Februar letzten Jahres begonnen, sondern eine Vorgeschichte habe. Eine Verurteilung von Russlands Einmarsch oder Forderungen nach einem Rückzug der russischen Armee – wie in einigen Aufrufen zu Ostermärschen in anderen Städten – findet sich allerdings nicht im Frikoaufruf, der den »kleinsten gemeinsamen Nenner« widerspiegele. »Wir werden uns nicht erst den Gesslerhut aufziehen, damit man mit uns redet«, begründete Kausch dies mit unterschiedlichen Positionen im Bündnis.

Auch das im Milieu der Coronamaßnahmengegner entstandene Bündnis für Frieden beteilige sich an der Organisation des Ostermarsches, bestätigte Kausch auf jW-Nachfrage. Unter anderem deswegen sieht sich die Friko Vorwürfen der Antifa Nordost (NEA) ausgesetzt, eine »Querfront« mit rechten Kräften anzustreben. Man habe die Leute »abgeklopft«, versicherte Kausch, »faschistische Verbindungen« seien nicht zu erkennen. Mit im Bündnis ist so auch die Partei Die Basis, die bei Protesten gegen Coronamaßnahmen und steigende Energiepreise in Ostdeutschland auch mit der AfD kooperiert hat. Darauf von jW angesprochen, meint Kausch, die Partei sei sehr heterogen. In Berlin, wo zwei oder drei Basismitglieder in der Friko mitarbeiteten, ähnele sie eher den Grünen der 80er Jahren, sie sei »esoterisch, liberal, für eine schöne gesunde Welt«.

Die Friedensbewegung sei keine linke Bewegung, sondern eine »Bürgerbewegung, die alle sammelt, die sagen, so kann es nicht weiter gehen«, betonte Laura von Wimmersperg, seit den 80er Jahren Mitorganisatorin der Ostermärsche. Als die 89jährige allerdings vorschlug, aufgrund der »Streitereien« die »Begriffe rechts und links neu zu klären«, fiel ihr Müller ins Wort. In der Ablehnung völkischen Denkens sei dies sicherlich nicht erforderlich, so der Naturfreunde-Vorsitzende, der vor einem Missbrauch der pazifistischen Regenbogenfahne durch rechte Kräfte warnte. Er lehne eine »Gesinnungspolizei« ab, doch es gäbe Prinzipien, die man nicht aufgibt, so die Ablehnung von Diskriminierungen, rassistischen Positionen und Nationalismus. »Wir grenzen uns nach rechts ab«, versicherte Kausch. AfD- und Reichsbürgerfahnen würden auf dem Ostermarsch nicht geduldet. Es werde aber niemand weggeschickt, der »unsere Forderungen mitträgt«. Verdi-Gewerkschafter Georg Heidel appellierte an dieser Stelle an »revolutionäre Linke«, sich zu beteiligen, denn es »liegt an uns, den Rechten nicht die Straße zu überlassen«.

Die Demonstration unter dem Motto »Den Frieden gewinnen – nicht den Krieg«, auf dem auch die Hamburger Linke Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic sprechen wird, führt durch den Arbeiterbezirk Wedding – es sei seit Jahren Praxis, dort auf die Straße zu gehen, wo die Menschen leben, so die Organisatoren.

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