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Aus: Ausgabe vom 03.04.2023, Seite 6 / Ausland
Krieg um Ressourcen

Geschundenes Land

DR Kongo: UNO beklagt humanitären Notstand und verlängert »Blauhelm«-Mandat
Von Jörg Tiedjen
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Millionen Menschen sind in der DR Kongo auf der Flucht. Um so hemmungsloser können Großkonzerne das Land ausbeuten (Goma, 15.11.2022)

Das Ausmaß der Katastrophe, die den Osten der Demokratischen Republik (DR) Kongo im Griff hält, ist gewaltig. Am Donnerstag sprach Hochkommissar Volker Türk vor dem UN-Menschenrechtsausschuss in Genf von sechs Millionen Flüchtlingen im Land: »Das ist die größte Zahl an Binnenvertriebenen in ganz Afrika.« Als Ursache machte Türk nicht allein die »Gewalt bewaffneter Gruppen« wie der vom Nachbarland Ruanda unterstützten Miliz »M 23« aus, die die Bestimmungen eines Ende vergangenen Jahres abgeschlossenen Waffenstillstandsabkommens missachtet und sich nicht, wie vereinbart, bis zum 30. März zurückgezogen hat. Auch brandmarkte er laut einem Beitrag von Radio Okapi »Straflosigkeit und Korruption« in der DR Kongo, die »die Bemühungen des Staates, Recht und Ordnung herzustellen, untergraben«.

Einen Tag zuvor hatte der Weltsicherheitsrat in New York das Mandat der UN-»Blauhelmtruppe« Monusco um ein Jahr verlängert. Vor wenigen Wochen hatte sich eine Delegation des UN-Gremiums selbst bei einem Besuch in Goma im Osten der DR Kongo davon überzeugen können, wie dramatisch die Situation ist. Zur gleichen Zeit waren die »M 23« bis in die Vorbezirke der Stadt vorgedrungen. Entsprechend verurteilte der UN-Sicherheitsrat am Mittwoch die Miliz in seiner Resolution über die Verlängerung des Monusco-Einsatzes und forderte alle »auswärtigen Mächte« auf, ihre Unterstützung für sie einzustellen. Die »M 23« ist nicht die einzige bewaffnete Gruppe, die in dem beschlossenen Text aufgeführt wird. Hinsichtlich der Verantwortung für die Eskalation im Osten der DR Kongo bleibt das Dokument unentschieden und zitiert sowohl die Vorwürfe der Regierung in Kinshasa an Ruanda, die »M 23« ins Rennen geschickt zu haben, als auch die Entgegnung Kigalis, der Konflikt werde von Kinshasa geschürt, weil in der DR Kongo Wahlen bevorstehen.

Der Hintergrund ist der ungeheure Ressourcenreichtum des geschundenen Riesenlandes. Es hat nicht nur Diamanten und Gold zu bieten, sondern zudem alles, was die sogenannte Energiewende in den Industriestaaten erfordert: Kupfer, Kobalt, Coltan und weitere seltene Erden. Ende Januar forderten Präsident Félix Tshisekedi und Papst Franziskus bei einem Treffen in Kinshasa, dass die neokoloniale Plünderung Kongos endlich aufhöre. Doch den schönen Worten widersprechen die Taten. Erst im Dezember hatten der kongolesische Außenminister Christophe Lutundula und sein US-amerikanischer Amtskollege Antony Blinken bei einem »Afrikagipfel« in Washington den Aufbau einer »Wertschöpfungskette für E-Autos« in der DR Kongo verabredet. Sprich: US-Unternehmen haben die Lizenz, den Osten des Landes in eine Gigafabrik für Batterien zu verwandeln. Nachdem Milizen die Bevölkerung terrorisiert und vertrieben haben, wollen die Großkonzerne den Menschen, die bisher Bodenschätze in Handarbeit aus dem Erdreich fördern, auch noch das Letzte nehmen.

Sambias Außenminister Stanley Kakubo hat die »Absichtserklärung« mit Blinken ebenfalls unterzeichnet. Am Freitag traf US-Vizepräsidentin Kamala Harris in Sambias Hauptstadt Lusaka ein. Es war die letzte Etappe auf einer einwöchigen Afrika-Tournee. Sie stellte dem afrikanischen Land, das nicht zuletzt wegen zu niedriger Kupferpreise finanziell ins Straucheln geraten ist, eine Umstrukturierung seiner Schulden und Investitionen von US-Unternehmen in Höhe von sieben Milliarden US-Dollar in Aussicht. Laut einem Bericht des Fernsehsenders Al-Majadin von Sonnabend seien »viele Sambier wenig beeindruckt« von dem hohen Besuch gewesen. Um so mehr Aufsehen habe eine Rede erregt, die der Vorsitzende der oppositionellen Sozialistischen Partei Sambias, Fred M’membe, bereits am 23. März auf dem »2. Internationalen Forum für Demokratie« in Beijing gehalten hatte. Ein Ausschnitt werde seit Freitag im Internet vieltausendmal aufgerufen, in dem es heißt: »Sie haben Kwame Nkrumah gestürzt, Patrice Lumumba und Muammar Ghaddafi ermordet, und jetzt kommen sie, uns Demokratie zu lehren.«

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