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Aus: Ausgabe vom 24.03.2023, Seite 1 / Titel
Arbeitskampf

Verdi übt Französisch

Dienstleistungsgewerkschaft und Eisenbahner rufen zu Streiktag am kommenden Montag auf. Verkehr und Infrastruktur dürften bundesweit lahmliegen
Von David Maiwald
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Verdi und EVG machen ernst: Auf unsoziale Angebote folgt kommenden Montag die geballte Streikmacht der Gewerkschaften

Sie tun’s wirklich: Mit koordinierten Streikaktionen legen die Gewerkschaften Verdi und EVG am Montag bundesweit Nah- und Fernverkehr sowie Infrastruktur weitgehend lahm. Bahnstrecken, Flughäfen, Wasserwege und sogar Autobahnen dürften stillstehen, wenn rund 350.000 Beschäftigte in »Verkehr und wichtiger Infrastruktur« am Sonntag um Mitternacht zeitgleich in den ganztägigen Arbeitskampf treten, wie Verdi-Chef Frank Werneke auf einer Pressekonferenz am Donnerstag erklärte. Der Verband der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hatte in der letzten Tarifrunde nur ein »krass unsoziales Angebot« (Werneke) geliefert, mit Beginn der dritten Verhandlungsrunde im bundesweiten Tarifstreit für den öffentlichen Dienst zeigt Verdi nun den Ernst der Lage auf.

So ruft die Gewerkschaft auch Flughafenbeschäftigte in den Streiktag. Berlin soll nicht betroffen sein. Es habe »innerorganisatorische Gründe, warum das ausbleibt«, erklärte Verdi-Kovorsitzende Christine Behle am Donnerstag. Laut Werneke werden Beschäftigte des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in sieben Bundesländern die Arbeit niederlegen. Verdi fordert für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 500 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Neben dem ÖPNV sind kommunale Häfen, Autobahngesellschaft, sowie Wasser- und Schiffahrtsverwaltung zum Ausstand aufgerufen. Es werde zu »erheblichen Störungen und auch Verzögerungen« in der Schiffahrt kommen, erklärte Christine Behle. Bundesweit würden Schleusen bestreikt, mancherorts werde es dadurch »nicht weiter gehen«. Große Schiffe würden etwa den Hamburger Hafen nicht anlaufen können. Der Ausstand bei der Autobahngesellschaft werde besonders »Baustellen und Baustelleneinrichtungen«, aber auch Tunnelverbindungen »wie beispielsweise den Elbtunnel« dichtmachen, erklärte Behle.

Der Schritt sei notwendig geworden, da die Unternehmen in den laufenden Tarifverhandlungen »nach wie vor sämtliche Augen verschließen«, erklärte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert. Die Gewerkschaft ruft Beschäftigte in 50 Eisenbahn- und Verkehrsunternehmen, darunter die Deutsche Bahn, zum ganztägigen Warnstreik auf. Habe der letzte Tarifabschluss nur mickrige 1,5 Prozent bedeutet, dürften gerade die unteren Lohngruppen in dieser Gehaltsrunde »nicht abgekoppelt werden«, so Burkert. Die EVG fordert für die Beschäftigten zwölf Prozent mehr Geld, mindestens aber 650 Euro mehr pro Monat.

Vor der Ankündigung der beiden Gewerkschaften beteiligten sich laut Verdi am Donnerstag rund 7.000 Menschen an Streikaktionen in Berlin und Brandenburg – 5.000 demonstrierten allein in der Berliner Innenstadt. Die Kollegen bei der Berliner Stadtreinigung seien »ganz klar kampfbereit«, erklärte Falco Krzenciessa am Rande der Demonstration im jW-Gespräch. Das »respektlose zweite Angebot von VKA und Faeser« habe die Kollegen »komplett angepfeffert«, so der Verdi-Betriebsgruppenvorstand. Von den Forderungen wollten die Beschäftigten nun »keinen Cent abweichen. Das kürzlich von der Verdi-Kommission akzeptierte Ergebnis bei der Post werde hoffentlich mit 80 Prozent abgelehnt«, so der Gewerkschafter. »Ein solches Ergebnis kommt für den öffentlichen Dienst auf keinen Fall in Frage«.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Marian R. (24. März 2023 um 13:03 Uhr)
    Immer haben deutsche Gewerkschaften nur laut getönt – das blendet erst viele Arbeiter, und der Misserfolg des nicht durchgekämpften Wunschtarifabschlusses entmutigt sie dann hinterher = 2:0 für die Kapitalisten. Der DGB und Verdi werden »umfallen« so wie immer … Sie sprechen auch nicht »französisch« und ehe sie »sowjetisch« reden, lernen sie lieber »nazi-deutsch«: »Der deutsche Arbeiter soll am 1. Mai standesbewusst demonstrieren und ein vollberechtigtes Mitglied der deutschen Volksgemeinschaft werden.« im Aufruf des ADGB – bald darauf kam der 2. Mai 1933 … [Quelle: www.verdi.de/ueber-uns/idee-tradition/jahrestage-gedenktage/++co++ccdff626-16be-11e2-8351-0019b9e321cb].
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (24. März 2023 um 16:34 Uhr)
      Da hast du ein Problem. Zum Beispiel ich bin kein reinrassiger deutscher Arbeiter. Du musst nicht implodieren: So gut wie niemand weltweit ist oder war jemals arisch. Denn das ist vollkommen unmöglich, weil wir alle AfrikanerInnen sind. Nur deshalb sind wir so schön und liebenswert!
  • Leserbrief von Peter Groß aus Bodenseekreis (24. März 2023 um 12:15 Uhr)
    Solange die Gewerkschaftsführer sich weigern die Zusammenhänge zu benennen, zwischen Kriegskosten (das Horrortrio SPD, Grüne und FDP spricht von 300 Milliarden mehr für die Bundeswehr), einer Million Granaten für die Ukraine, plus Panzer, Haubitzen und Kampfflugzeugen, sowie immer mehr Bundeswehrsoldaten die an die litauische oder polnische Ostfront verlegt werden, solange wird das nichts mit Löhnen, von denen man wenigstens die Mieterhöhungen bezahlen kann. Es folgen unabsehbare Folgekosten für den versprochenen Wiederaufbau der Ukraine. Ein Großteil der zuvor gelieferten Munition ist die Ursache für Schäden an Agrar-, Wald- und Naturflächen sowie dem Grundwasser, die nicht zu reparieren sind. Es ist ein Selbstmordprogramm Selenskijs und seiner Soldateska im Interesse multinationaler Großinvestoren. Die Gesundheitskosten für uranangereicherte Munition übersteigen mein Vorstellungsvermögen ebenso wie die Kosten für Heilbehandlungen von Kriegsopfern. In der Folge wird es eine Zunahme von Arbeitsmigranten und (Umwelt)Flüchtlingen geben, aber das scheint gewünscht zu sein. Vom Bund werden derzeit wohl unter 20 Prozent der Kosten für Flüchtlinge erstattet, den Rest tragen Länder, Kommunen, Städte und Gemeinden, die dann ihren Beschäftigten keine gerechten Löhne zahlen können. Dazu gesellen sich Billiglöhner aus dem Osten, die heute schon unter Mindestlohntarif auf deutschen Äckern ackern, im Tourismus oder Pflegeinrichtungen schuften. Ja, auch am Bodensee, der ehemaligen Vorzeigeregion für die nationalsozialistische »Kraft durch Freude«-Bewegung. Schon heute ist Baden-Württemberg ein Land, in dem wie einst in deutschen Freiluftanlagen, Ukrainer, Polen, Rumänen und andere zu Schauobjekten werden, ohne umfassenden gewerkschaftlichen Schutz. Von Richtern und der deutschen Rechtsprechung verhöhnt, weil Stundennachweise nicht deutscher Bürokratie entsprechen. Nachdem die Wut etwas abgeklungen ist, werden »Qualitätsmedien« die deutsche Friedhofsruhe wieder herstellen.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (24. März 2023 um 00:49 Uhr)
    Die Verhandlungsbereitschaft derjenigen, denen es um die Löhne geht, wird überschätzt. Dass die Gewerkschaft dazu bereit ist, spielte niemals eine Rolle. Worum ging es hier?

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