Indigene machen mobil
Von Volker Hermsdorf
Ecuadors Präsident Guillermo Lasso verliert nach Rücktrittsforderungen durch Vertreter indigener Verbände und anderer sozialen Bewegungen auch im Parlament an Unterstützung. Am Montag (Ortszeit) ließ der Legislativrat der Nationalversammlung (Consejo de Administración Legislativa, CAL) mit fünf Jastimmen und zwei Enthaltungen einen Antrag auf Amtsenthebung des rechten Staats- und Regierungschefs zu. Das oberste Verwaltungsorgan des Parlaments reichte den Vorgang zur eingehenderen Prüfung an das Verfassungsgericht weiter. Dem Amtsinhaber werden unter anderem Erpressung, Bestechung und Veruntreuung im Zusammenhang mit einem als »El Gran Padrino« (der große Pate) bekanntgewordenen Korruptionsfall vorgeworfen.
Das Amtsenthebungsverfahren gegen den Banker Lasso war am 16. März auf Antrag der Parlamentsmitglieder Viviana Veloz von der linken »Union für die Hoffnung« (UNES) und Pedro Zapata von der rechtskonservativen Sozialchristlichen Partei (PSC) sowie von Vertretern der Vereinigten Linken (ID) und der indigenen Partei Pachakutik offiziell eingeleitet worden. Insgesamt unterstützen 59 Abgeordnete den Antrag.
Bereits am 4. März hatten 104 der 137 Mitglieder der Nationalversammlung für ein Verfahren gegen Lasso gestimmt. Zu dessen Eröffnung muss ein Abgeordneter – mit Unterstützung von mindestens 46 anderen Parlamentariern – Gründe und Belege für den Antrag vorbringen. Bei den gegen Lasso erhobenen Vorwürfen geht es unter anderem um mögliche Verbindungen des Staatschefs und seiner Familie zu einem umfangreichen Korruptionssystem in öffentlichen Unternehmen. So soll Lassos Schwager Daniel Carrera staatliche Aufträge an Privatunternehmen vergeben haben, obwohl er kein öffentliches Amt bekleidet. Über den als »El Gran Padrino« bezeichneten Skandal hinaus wird Lasso auch mit einem Fall von Drogenhandel in Zusammenhang gebracht, bei dem 1,5 Millionen US-Dollar für seinen Wahlkampf gespendet worden sein sollen.
Die Blöcke der UNES und der PSC stützen sich auf Artikel 129 der Verfassung, der die Absetzung wegen Erpressung, Bestechung, Veruntreuung oder unrechtmäßiger Bereicherung ermöglicht. Das Verfahren könnte mit allen erforderlichen Schritten etwa anderthalb Monate dauern. Um den Präsidenten des Amtes zu entheben, sind am Ende die Stimmen von 92 der insgesamt 137 Abgeordneten erforderlich. Ein erstes Amtsenthebungsverfahren hatte Lasso am 28. Juni 2022 überstanden. Bei 48 Gegenstimmen und neun Enthaltungen hatten nur 80 Abgeordnete dafür votiert.
Da auch einige Kritiker Lassos fürchten, im Falle einer Neuwahl ihr Mandat zu verlieren, könnte die erforderliche Zweidrittelmehrheit erneut verpasst werden. Allerdings wächst der Widerstand in der Bevölkerung. Am 18. März rief Leonidas Iza, der Vorsitzende der »Konföderation der indigenen Nationalitäten Ecuadors« (Conaie), zu einer landesweiten Mobilisierung auf, um die Amtsenthebung zu fordern. 80 weitere Gruppen der Zivilgesellschaft unterstützten den Aufruf. Für den 28. März kündigte die Dachorganisation der Indigenen einen Marsch auf das Parlament an.
Wie isoliert Lasso mittlerweile ist, zeigte sich im Februar, als Kandidaten der linken »Revolución Ciudadana« (RC) sich bei Kommunal- und Regionalwahlen in den wichtigsten Städten und Provinzen des Landes gegen seine Unterstützer durchsetzten. Er scheiterte auch mit einem Referendum, durch das er eine Reihe von Verfassungsänderungen vorantreiben wollte.
Auch für Lassos ebenfalls rechtsstehenden Vorgänger Lenín Moreno wird es eng. Ihm und 36 weiteren Personen wird der Aufbau »krimineller Strukturen« vorgeworfen. Unter anderem sollen dem chinesischen Unternehmen Sinohydro Bestechungsgelder in Höhe von 76 Millionen US-Dollar im Zusammenhang mit dem Bau eines Wasserkraftwerks gezahlt worden sein. Zu einem Gerichtstermin am Montag waren Moreno und dessen Frau Rocío González, die sich nach Paraguay abgesetzt haben, »aus gesundheitlichen Gründen« nicht erschienen. Richter Mauricio Espinosa vertagte die Verhandlung, bei der es auch um die mögliche Anordnung einer Untersuchungshaft für Moreno geht, daraufhin auf diesen Mittwoch.
Onlineaktionsabo
Das Onlineaktionsabo der Tageszeitung junge Welt bietet alle Vorteile der gedruckten Ausgabe zum unschlagbaren Preis von 18 Euro für drei Monate. Das Abo endet automatisch, muss also nicht abbestellt werden. Jetzt Abo abschließen und gleich loslesen!
Ähnliche:
- REUTERS/Karen Toro01.03.2023
Linke und Indigene im Visier
- Sandra Sebastian / Reuters17.12.2022
»Auch die kommenden Wahlen werden wohl manipuliert«
- AP Photo/Dolores Ochoa13.04.2021
Sieg der Rechten
Regio:
Mehr aus: Ausland
-
London will Uranmunition liefern
vom 22.03.2023 -
Japans Premier in Kiew
vom 22.03.2023 -
Regierung auf Crashkurs
vom 22.03.2023 -
Dadaismus im Parlament
vom 22.03.2023 -
Pakt mit Paras ausgesetzt
vom 22.03.2023