Japans Premier in Kiew
Von Jörg Tiedjen
Während der chinesische Präsident Xi Jinping in Moskau mit seinem Amtskollegen Wladimir Putin zusammentraf, ist der japanische Premier Fumio Kishida am Dienstag zu einem überraschenden Besuch in Kiew eingetroffen. Wie die Agentur Kyodo meldete, will der japanische Regierungschef die ukrainische Führung der »Solidarität und unerschütterlichen Unterstützung« Tokios und der G7-Staaten versichern, deren Vorsitz Japan zur Zeit innehat. Das fernöstliche Land hat sich den Sanktionen gegen Russland wegen des Kriegs in der Ukraine angeschlossen. Allerdings verbietet Japans Verfassung jede Art von Waffenlieferungen. Laut Agenturberichten erreichte Kishida Kiew mit einem Sonderzug aus Polen. Dort wird er am Mittwoch zurückerwartet. Vor seinem Abstecher nach Kiew hatte Kishida der indischen Regierung in Neu-Delhi seine Aufwartung gemacht.
Am Montag abend meldete die ukrainische Armee, dass auf der Krim bei der Stadt Dschankoj eine Lieferung von »Kalibr«-Marschflugkörpern an die russische Schwarzmeerflotte zerstört worden sei. Das wurde von russischer Seite nicht bestätigt. Statt dessen sollen lokale Behörden laut Agenturangaben mitgeteilt haben, dass die Flugabwehr einen feindlichen Drohnenangriff auf zivile Ziele abgewehrt hat. Herabfallende Trümmerteile hätten einen 33jährigen verletzt und Sachschäden angerichtet. Bereits im vergangenen Sommer war die Ortschaft Dschankoj Gegenstand ukrainischer Erfolgsmeldungen. Damals war dort ein russisches Munitionsdepot explodiert.
Erst am Sonnabend hatte der russische Präsident anlässlich des neunten Jahrestags der Eingliederung der Krim in die Russische Föderation die Halbinsel besucht. Danach war er weiter in den Donbass gereist, um schließlich am Montag in Moskau den chinesischen Präsidenten Xi zu empfangen. Eines der bestimmenden Themen bei seinem zweitägigen Aufenthalt in der russischen Hauptstadt ist laut Pressemitteilungen der kürzlich von Beijing vorgestellte Friedensplan für die Ukraine. Unterdessen wartet der ukrainische Präsident Selenskij Reuters zufolge auf die Zustimmung Chinas zu einem Telefonat mit Xi. Ein Gespräch wäre wichtig, zitierte der italienische Corriere della Sera am Dienstag die stellvertretende ukrainische Premierministerin Irina Wereschtschuk: »Beide haben sich etwas zu sagen.«
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (22. März 2023 um 10:35 Uhr)Kishidas Privatreise! Das Arrangement dieser bis zum Schluss streng geheim gehaltenen Privatreise war das wohl Außergewöhnlichste, das ein japanischer Regierungschef je unternommen hat. Nach Abschluss des Staatsbesuches in Indiens Hauptstadt Delhi ließ Kishida seinen Regierungsflieger auf dem Airport stehen und reiste nicht wie vorgesehen ab. Er stieg in eine private zehnsitzige Chartermaschine ein, womit er nach Polen weitergereist ist. In seiner Begleitung waren quasi nur die persönlichen Leibwächter und Assistenten. Anschließend ging es per Zug aus der Ortschaft Przemysl in die ukrainische Hauptstadt. Den nationalen Selbstverteidigungskräften ist es in Japan untersagt, im Ausland ohne ausdrücklichen Beschluss des Parlaments aktiv zu werden, nicht einmal zum Schutz des Premierministers. Was den Trip aber vor allem erschwerte, war der Umstand, dass Auslandsreisen des Regierungschefs davor im Parlament ausführlich diskutiert werden müsste. Deswegen musste Premierminister Kishida als Privatmann auch ohne große Begleitung nach Kiew reisen.
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Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (22. März 2023 um 09:00 Uhr)Zitat: »Eines der bestimmenden Themen bei seinem [Xi Jinping] zweitägigen Aufenthalt in der russischen Hauptstadt ist laut Pressemitteilungen der kürzlich von Beijing vorgestellte Friedensplan für die Ukraine.« - Bekannt geworden sind mir bisher nur Forderungen an die Ukraine, u. a. die »Anerkennung der geografischen Realitäten«, d. h., die Abtretung von Gebieten, die bis 2014 zur Ukraine gehörten, an Russland. Für meine Begriffe die Belohnung des Aggressors. So könnte Russland mit chinesischer Hilfe am Verhandlungstisch die Ziele erreichen, die es mit Waffengewalt nicht erreichen konnte. - Welche Angebote im Gegenzug Russland der Ukraine machen würde, habe ich bisher nicht gehört. Vielleicht könnte Xi wenigstens in diesem Punkt etwas bei Putin bewirken.
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