Tsunamiwarnung
Von Arnold Schölzel
Welche Ausmaße die jüngsten Zusammenbrüche von Finanzinstituten noch annehmen, weiß niemand. Allein die Tatsache, dass die Notenbanken der USA, Kanadas, Großbritanniens, Japans, der Schweiz und die EZB konzertiert handeln, ist vielsagend. China wappnet sich und nimmt die eigene Finanzindustrie an die Kandare. Die Volksrepublik hat mit einem Investitionsprogramm vor 15 Jahren die Weltwirtschaft gerettet, Lehren wurden im Westen aus der damaligen Krise aber nicht gezogen.
Das zeigt sich jetzt schon: Die Diktatur des Finanzkapitals wird mit Klauen und Zähnen verteidigt, auf dem Propagandatransparent dazu stehen aber »Freiheit und Demokratie«. Vom Platzen des Hypothekenschwindels in den USA bis zum Anwerfen des staatsmonopolistischen »Rettungs-«Mechanismus vergingen 2007 Monate, jetzt versicherte Joseph Biden drei Tage nach der ersten großen Pleite, die Spareinlagen der US-Bürger seien sicher – ein untrügliches Zeichen, dass das Gegenteil wahr ist. Ähnlich schnell floss staatlicher Schweizer Geldsegen in das nächste schwarze Loch der globalen Bankengalaxie: Bis zu 260 Milliarden Franken Staatshilfe können UBS und die von ihr geschluckte Credit Suisse in Anspruch nehmen – etwa ein Drittel der Wirtschaftsleistung des Landes. So sieht Macht aus. Wozu Wahlen? Verschleudern von Staatsvermögen geht mit einem Federstrich. Die EU-Staaten warfen ihren kaputten Banken ab 2008 rund 1,6 Billionen Euro hinterher. Da ist die eine Milliarde Euro, die am Montag für weitere Munitionslieferungen an Kiew beschlossen wurde, vergleichsweise Peanuts. Krieg allerdings ist ein natürlicher Bestandteil, besser: ein Zweck kapitalistischer Finanz- und Gesellschaftsordnung, Banken»-rettung« offiziell nicht.
»Bazooka«- und »Wumms«-Plünderungen der Staatskassen für den nächsten regelbasierten Freiheitskampf sind daher willkommen, solange die Heimatfront steht. Umverteilung zugunsten von Bankern lädiert dagegen die Demokratiefassade. Die Neue Zürcher Zeitung rügte daher am Montag den wiederholten »Sündenfall« und titelte auf Seite eins: »Ein Zombie ist weg, aber ein Monster entsteht«.
Das ist eine Tsunamiwarnung und entsprechend steigt die Nervosität. Die deutsche Volkswirtschaft, kommentiert zum Beispiel die FAZ am Montag nachmittag im Internet, sei für eine Bankenkrise »schlecht gerüstet«: »Als Arbeitskraft und auch als Bürger muss man darauf hoffen, dass der Crash ausbleibt.« Der bringe nicht nur Jobverlust und langfristigen Minderverdienst, sondern sei auch ein »Katalysator für Populismus«.
Einfacher wäre es da, nach dem Beispiel Chinas Banken unter politische Kontrolle zu stellen oder als Teil der Infrastruktur zu verstaatlichen. Das schlug schon 2008 der Chefkommentator der Financial Times, Michael Wolf, vor. Wird aber nicht passieren, weil eine Diktatur das nicht verträgt. Die Demokratie könnte in Anspruch genommen werden. Also weiter zum Crash.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (24. März 2023 um 11:16 Uhr)Der Dollarimperium der Fed in Nöten! Voraussetzung: Hinter dem Geld steckt immer der Kampf um die Macht. Das Federal-Reserve-System, kurz Fed genannt, war ursprünglich das Zentralbank-System und zugleich die US-Notenbank der Vereinigten Staaten von Amerika. Sie legt die Geldpolitik der USA fest, beaufsichtigt und reguliert Banken, hält die Stabilität des Finanzsystems aufrecht und stellt Finanzdienstleistungen für Depotinstitute, die US-Regierung und ausländische Institutionen bereit. Das in Privathand befindliche Dollarimperium kränkelt seit 2007/8 und bis jetzt ist keine Heilung eingetreten. Die Symptome sind: Die US-Schulden sind größer als ihr Vermögen. Deswegen kann die USA schon lange nicht mehr eine solide wirtschaftliche Basis für ihre Valuta bieten. Zu viele Dollar wurden und werden ohne Deckung gedruckt und gehen weltweit in den Umlauf. Nur in den USA liegen achtzehntausend Milliarden Dollar als Einlagen bereit, jedoch dagegen für Einlagesicherheit nur Einhundertfünfundzwanzig Milliarden, d. h. 1,3 Prozent stehen entgegen. 2007/8 waren es in den USA auf Pump finanzierten Familienhäuser, die die Krise auslösten. Heute ist es der durch Billigdollarinvestitionen überflutete Hochtechnologiemarkt (Silicon Valley), mit dem der Wettbewerb der Zukunft gewonnen werden soll. All diese Widersprüche führten zu enormen sozialen Verwerfungen. Heute gehört einem Prozent der Reichen 90 Prozent des weltweiten Vermögens! Kein Wunder ist es, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung die westliche »regelbasierte Ordnung« mehr als ablehnt und offen für Veränderungen.
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