Eisenbahner weisen Richtung
Von Dieter Reinisch
Die britische Eisenbahnergewerkschaft RMT lässt bis zum 20. März darüber abstimmen, wie es mit den Arbeitskämpfen der Eisenbahner weitergeht. Infrastrukturbetreiber Network Rail hat ein neues Lohnangebot vorgelegt. Es ist hoch, liegt aber nicht für jeden einzelnen oberhalb der Inflationsrate – eine Forderung, die RMT in den vergangenen Monaten immer wieder unterstrichen hat. Das Votum gilt als richtungsweisend für weitere Verhandlungen der Eisenbahner und anderer Bediensteter im öffentlichen Verkehr.
Für den Abstimmungszeitraum geplante Arbeitsniederlegungen wurden von RMT abgesagt. Bei den Bahnlinien wird allerdings weitergekämpft: Ab dem 16. März streiken die Beschäftigten von 14 Linien. Auch die Mitglieder der Lokführergewerkschaft ASLEF halten an ihren Streikplänen fest.
Am kommenden Mittwoch, dem 15. März, werden die Mitarbeiter der Londoner U-Bahn ihre Arbeit niederlegen. An diesem Tag will Finanzminister Jeremy Hunt im Unterhaus in London einen Haushaltsentwurf vorstellen. Auch Beamte, Angestellte des Gesundheitsdienstes NHS, Ärzte, Lehrer und BBC-Angestellte werden aus diesem Anlass in den Ausstand treten. Der Protest gegen die Politik der konservativen Regierung ist breit aufgestellt.
Am Donnerstag begann die RMT-Mitgliederbefragung zum neuen, verbesserten Angebot von Network Rail. Es beinhaltet eine Gehaltserhöhung zwischen 14,4 Prozent für die untersten Besoldungsgruppen und 9,2 Prozent für die höchsten. Hinzu kommen 1,1 Prozent auf das Grundeinkommen und pauschale Nachzahlungen (pro Kopf). Nach Berechnungen von RMT steigen die Löhne damit unter dem Strich zwischen 15,2 Prozent (für die unteren Einkommensgruppen) und 10,3 Prozent (für die höheren).
Die Gewerkschaft betont, dass durch diesen Abschluss 55 Prozent der RMT-Mitglieder bei Network Rail eine Lohnerhöhung von 15,2 Prozent bekämen. Seit dem Sommer liegt die Inflationsrate im Vereinigten Königreich etwa bei elf Prozent. Reallohnsteigerungen waren die Hauptforderung der RMT in den Arbeitskämpfen der vergangenen Monate.
Das Angebot umfasst einige weitere Verbesserungen, etwa eine 75prozentige Ermäßigung für Bahnreisen an freien Tagen, die von der Gewerkschaft ebenfalls gefordert wurde. RMT spricht keine Empfehlung aus, wie abgestimmt werden soll. Generalsekretär Michael »Mick« Lynch sagte nur: »Network Rail hat ein neues und verbessertes Angebot gemacht, und jetzt werden unsere Mitglieder entscheiden, ob sie es annehmen.«
Fortgesetzt werden die Arbeitskämpfe bei den Bahnlinien der Rail Delivery Group. Dort werden die RMT-Mitglieder am 16., 18. und 30. März sowie am 1. April in den Ausstand treten. Betroffen sind 14 Bahnlinien, darunter auch der Gatwick Express, der den Flughafen mit der Londoner U-Bahn verbindet.
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