Angriff auf die Pressefreiheit

In der Razzia bei Radio Dreyeckland am Dienstag sieht die Rote Hilfe einen weiteren Angriff auf die Pressefreiheit:
Am Dienstag, 17. Januar, durchsuchten die Staatsanwaltschaft Karlsruhe und Polizeieinheiten die Räume des Radio Dreyeckland sowie zwei Privatwohnungen von Radiojournalist*innen in Freiburg. Dabei handelt es sich um einen weiteren fundamentalen Angriff auf die im Grundgesetz verankerte Pressefreiheit.
Ab etwa 6.30 Uhr drangen Polizeibeamt*innen und Vertreter*innen der Staatsanwaltschaft in zwei Privatwohnungen von Medienschaffenden ein, durchsuchten die Räume und beschlagnahmten unter anderem Datenträger. Das gleiche Szenario spielte sich ab 8 Uhr in den Räumlichkeiten des Radio Dreyeckland selbst ab, als zehn Beamt*innen stundenlang die Infrastruktur des Rundfunksenders belagerten und elektronische Medien spiegelten und beschlagnahmten. Ein Sprecher des Radios konnte in einer ersten Stellungnahme noch nicht abschätzen, welche Schäden die polizeiliche Spiegelungssoftware auf dem gesamten Netzwerk angerichtet hat.
Einmal mehr diente das Verbot der Internetplattform »linksunten.indymedia« als Vorwand, das ebenfalls einen extremen Angriff auf die Pressefreiheit dargestellt hatte. Der heutige Vorstoß gegen die Rundfunkfreiheit wurde mit Ermittlungen wegen eines angeblichen »Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot« nach Paragraph 85 Strafgesetzbuch begründet. Als konkreten Vorwurf führen die Repressionsorgane einen Artikel von Radio Dreyeckland aus dem Sommer 2022 an, der einen Link zu einem seit Jahren offen zugänglichen Archiv von »linksunten.indymedia« enthält. Das nutzt die Staatsanwaltschaft als Anlass, um den Sender als »verlängerten Arm« der Internetplattform zu verfolgen.
»Die staatsanwaltliche Konstruktion ist an Absurdität kaum zu übertreffen«, zeigte sich Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. empört. »Wieder einmal treten die staatlichen Organe die Pressefreiheit mit Füßen – eine Entwicklung, die gerade zur Normalität zu werden droht, wie die massiven Angriffe auf Medienvertreter*innen bei linken Demonstrationen, zuletzt bei der Räumung von Lützerath, zeigen. Die Angriffe auf das Grundrecht auf Pressefreiheit müssen aufhören! Den betroffenen Journalist*innen von Radio Dreyeckland gilt unsere volle Solidarität.«
Zu Besetzungen im rheinischen Revier teilte »Ende Gelände« am Dienstag in einer Presseerklärung mit:
(…) Charly Dietz, Sprecherin von Ende Gelände: »Wir machen heute eine klare Ansage. Auch wenn ihr Lützerath zerstört, wir kämpfen weiter: Bis ihr aufhört, Kohle zu verbrennen, Frackinggas anzulanden und Autobahnen zu bauen. Wir tragen unseren Widerstand zu den Orten der Zerstörung und stellen uns den Zerstörern entgegen. In den letzten Tagen wurden Kohlebagger und Parteizentralen besetzt, der Konzernsitz von RWE blockiert und in vielen Städten ziviler Ungehorsam geleistet. Und heute legen wir den Tagebau Inden lahm und stoppen die Kohlezufuhr zum dreckigen Kraftwerk Neurath. Mit Lützerath ist ein großer Zusammenhalt aller entstanden, die für Klimagerechtigkeit kämpfen. Wir zeigen: Lützerath lebt. Ab jetzt ist Lützerath überall!« Das von RWE betriebene Kraftwerk Neurath verfeuert die Kohle aus dem Tagebau Garzweiler, an dessen Kante das Dorf Lützerath liegt. Neurath ist das größte Kraftwerk in Deutschland und gilt als zweitgrößter CO2-Emittent Europas. (…)
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Leserbrief von Peter Groß aus Bodenseekreis (18. Januar 2023 um 13:56 Uhr)Es steht im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland: Art 5. (1) »Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet«. (https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_5.html) Ich meine, es ist bekannt, dass in Deutschland bis spät in die 80er Jahre mit vom Nationalsozialismus geprägten Charakterköpfen (neben Wirtschaftslobbyisten von BASF bis Rheinmetall) die gesamte Gesetzgebung (West) überwiegend in den Händen von Adolfs Brüdern im Geiste gelegen hat. Offene Kanäle entstanden in Deutschland im Zusammenhang mit der Einführung privat-kommerziellen Rundfunks ab 1984 als Ergänzung. Ausnahmen: Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen. Den Rechtsstaat vor der Schande zu retten, dass der Art. 5 GG in Baden-Württemberg starken Einschränkungen unterliegt oder keine Geltung hat, obliegt in Freiburg i. Br. Radio Dreyeckland. Eine Unterstützung der Kretschmann-Grünen zugunsten freier Meinungsbildung ist sonst bis dato nicht feststellbar, dafür umfangreiche Nachstellungen durch die Justiz. Das Indymedia-Archiv ist als Bestandteil für historische Recherchen ebenso unverzichtbar wie »Klau mich« (Kommune 1), 883, FIZZ (P.-P Zahl † 24.11.2011) oder »Wie alles anfing« (Bommi Baumann † 19.07.2016). Überhaupt fühlt man sich als wahlberechtigter Bundesbürger durch die Verbote »Russia Today« (RT), Indymedia und vielen anderen in dem Grundrecht eingeschränkt […] »sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten«. Hier hoffe ich auf die dauerhafte, uneingeschränkte Solidarität mit betroffenen Medien. Um nur wenige zu nennen: »Radio Dreyeckland«, »seemoz«, »KONTEXT Wochenzeitung« (alle Baden-Württemberg), dem Dantenbankprojekt https://mao-projekt.de/ und natürlich dem für mich unentbehrlichen intellektuellen Grundnahrungsmittel »junge Welt« plus Archiv (bundesweit).
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