Ausstand bei Modeketten
Von Carmela Negrete
Beim spanischen Moderiesen Inditex regt sich Widerstand gegen schlechte Bezahlung. Am Sonnabend sind landesweit die Beschäftigten der zum Konzern gehörenden Ketten Zara, Lefties, Kiddy’s Class und Pull & Bear in den Streik getreten. Die anarchosyndikalistische Gewerkschaft CGT hatte zum Ausstand aufgerufen, um ihrer Forderung nach mehr Lohn Nachdruck zu verleihen. In den kommenden Wochen soll es nun Verhandlungen mit dem Konzern geben – allerdings wurde die CGT zum Treffen nicht eingeladen, sondern lediglich die zwei großen Gewerkschaften CCOO und UGT. Und das, obwohl die Mehrheit der Beschäftigten von Inditex in der Region Madrid bei der CGT organisiert ist.
In den Verhandlungen soll es in erster Linie um die Anpassung der Löhne an die steigende Inflation gehen. Die CGT fordert außerdem, dass die Beschäftigten, die weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten, 250 Euro pro Monat mehr erhalten sollen. Im Mittelpunkt der Verhandlungen steht die Forderung an den Konzern, den für Galicien geltenden Tarifvertrag auf das ganze Land auszuweiten.
Tatsächlich haben die Beschäftigten des Modekonzerns in Galizien schon vor einigen Wochen einen Abschluss für höhere Löhne erkämpfen können. Sie hatten zuvor am 24. und 25. November während des »Black Fridays« gestreikt und anschließend neue Maßnahmen zwischen dem 23. Dezember und dem 7. Januar angekündigt. Diese wurden aber kurzfristig abgesagt, weil Inditex sich gezwungen sah, auf die rund 1.500 Beschäftigten zuzugehen. Am 22. Dezember wurde dann eine Vereinbarung unterschrieben, die eine Lohnerhöhung von 5.700 Euro pro Jahr für die Angestellten vorsieht. Die Vereinbarung war möglich, weil es in Spanien keine flächendeckenden Tarifverträge in der Branche gibt.
Während die Lohnabhängigen im vergangenen Jahr inflationsbedingt an Kaufkraft verloren haben, konnte Inditex seinen Profit um satte 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern. »Den Gewinn von Inditex teilen sich die Aktionäre und die Manager. Dabei sind wir – die Mitarbeiter – der Motor des Unternehmens«, erklärte Anibal Maestro, CGT-Sekretär, am Sonnabend in Madrid während des Streiks gegenüber Europa Press. Die Beschäftigten hätten es satt, mit der jetzigen prekären Entlohnung leben zu müssen, so Maestro weiter. Deshalb fordere man jetzt 25 Prozent mehr Gehalt.
Dass steigende Preise auf gleichbleibende Löhne treffen, ist kein Phänomen, das sich auf die Modebranche beschränkt. Die Mehrheit der spanischen Arbeiter wird auch in diesem Jahr an Kaufkraft verlieren. Laut Banco de España verfügen lediglich 400.000 der 20,5 Millionen spanischen Arbeitsverträge über eine Klausel, die an die Inflation gekoppelte Lohnerhöhungen vorsieht.
2022 betrug die Preissteigerung in Spanien laut Eurostat sieben Prozent, wobei Lebensmittel sogar 15 Prozent teurer wurden. In zahlreichen Branchen finden deshalb gerade Verhandlungen über Gehaltserhöhungen statt. Auch innerhalb der spanischen Koalitionsregierung wird über die Anhebung des Mindestlohns debattiert. Der Kapitalverband CEOE hat eine Erhöhung von vier Prozent vorgeschlagen, die Gewerkschaft CCOO hat das Angebot bereits zurückgewiesen. Die Arbeitsministerin von Unidas Podemos, Yolanda Díaz, schlägt eine Erhöhung des Mindestlohns um acht Prozent vor. Damit würde die Regierung ihr Wahlversprechen erfüllen, den Mindestlohn auf mindestens 60 Prozent des Durchschnittseinkommens in Spanien zu erhöhen.
Aufklärung statt Propaganda
Die Tageszeitung junge Welt liefert Aufklärung statt Propaganda! Ihre tägliche Berichterstattung zeigt in Analysen und Hintergrundrecherchen auf, wer wie und in welchem Interesse handelt. Jetzt das Aktionsabo zum Preis von 75 Euro für 75 Ausgaben bestellen!
Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:
Ähnliche:
- Cagla Gurdogan/REUTERS06.07.2022
Inflation auf Rekordniveau
- Ramon van Flymen/ANP/imago images10.01.2022
Löhne aus dem Lot
- Heino Kalis/Reuters14.08.2018
Unmut über »Sozialpartner«
Regio:
Mehr aus: Kapital & Arbeit
-
Verhärtete Fronten
vom 09.01.2023