Roma-Gemeinschaft weiter in Aufruhr
Von Ina Sembdner
Etwa 200 Freunde, Verwandte und andere Demonstranten aus der Roma-Gemeinschaft haben sich am Freitag vor dem Gerichtsgebäude in Thessaloniki versammelt. Sie hielten Fotos des 16jährigen Rom Kostas Fragoulis in die Höhe, der am Montag von einer Polizeikugel in den Kopf getroffen wurde. Er befindet sich weiterhin in kritischem Zustand. Der verantwortliche Beamte, der angegeben hatte, aus Angst um seine und die Sicherheit seiner Kollegen geschossen zu haben, wurde währenddessen vom Gericht in den Hausarrest entlassen, wie die griechische Zeitung Ekathimerini online berichtete. Quellen zufolge waren sich der Ermittlungsrichter und der Staatsanwalt uneinig darüber, ob der Verdächtige in Untersuchungshaft gehalten werden sollte. Er bleibt suspendiert und muss sich wegen versuchten Totschlags mit möglichem Vorsatz und unerlaubtem Abfeuern seiner Waffe verantworten.
Die Menschen vor dem Gebäude skandierten mit 20-Euro-Scheinen in der Hand: »Es war nicht das Benzin, es war nicht das Geld, die Polizisten haben geschossen, weil er ein Rom ist.« Fragoulis war auf der Flucht vor der Polizei angeschossen worden, nachdem er eine Tankrechnung von 20 Euro nicht bezahlt haben soll. »Wir wollen Gerechtigkeit. Das Verbrechen war rassistisch«, sagte Panagiotis Sabanis, Vorsitzender der Roma-Föderation von Zentral- und Westmazedonien. »Es ist nicht der erste Vorfall, bei dem die Polizei auf einen Rom geschossen hat, nur weil er ein Rom ist.«
Die Tat hat in den vergangenen Tagen teils heftige Proteste von Angehörigen der Roma-Gemeinschaft und sich mit ihnen solidarisierenden Menschen ausgelöst. Der staatliche griechische Rundfunk ERT berichtete am Freitag, dass ein Polizeibeamter bei nächtlichen Unruhen westlich von Athen durch Gewehrkugeln leicht verletzt worden sei. Der Präsident des griechischen Roma-Verbandes Ellan Passe, Vassilis Pantzos, distanzierte sich am Freitag gegenüber ERT von den Ausschreitungen, kritisierte jedoch gleichzeitig, dass die Gewalt seitens der Polizei gegenüber den Roma in den vergangenen Jahren zugenommen habe. Dagegen müsse der Staat vorgehen, forderte er.
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