Kiew will Streubomben
Von Reinhard Lauterbach
Die Ukraine hat die USA um die Lieferung von sogenannter Streumunition gebeten. Wie der US-Sender CNN am Mittwoch abend berichtete, soll die Anfrage bereits vor Monaten eingegangen sein. Die Regierung von Präsident Joseph Biden sei aber gegenwärtig nicht bereit, der Ukraine diese international geächteten Waffensysteme zu liefern. Der Bericht zitierte einen US-Beamten mit der Aussage, nach Einschätzung Washingtons brauche die Ukraine diese Waffen nicht, um weitere Erfolge zu erzielen. Die USA haben eine seit 2010 geltende internationale Konvention gegen den Einsatz solcher Waffen nicht unterzeichnet, Russland und die Ukraine auch nicht.
Parallel haben sich die USA ausweichend zu dem jüngsten ukrainischen Drohnenangriff auf einen Stützpunkt der russischen strategischen Bomberflotte in Engels im Bezirk Saratow geäußert. Außenminister Antony Blinken sagte, die USA hätten an der Vorbereitung dieses Angriffs keinen Anteil gehabt und seien auch nicht vorab informiert worden. Verteidigungsminister Lloyd Austin ergänzte wenig später, Washington würde die Ukraine aber auch nicht daran hindern, ihre Drohnen für solche Angriffe umzurüsten.
In Russland stellte derweil Präsident Wladimir Putin die Öffentlichkeit seines Landes auf eine längere Kriegsdauer ein. Bei einem Auftritt vor dem Präsidialen Rat für Menschenrechte sagte er am Mittwoch abend, die »Spezialoperation« in der Ukraine könne ein »langanhaltender Prozess« werden, bis Russland »Ergebnisse« in Form hinzueroberter Regionen erzielt habe. Putin verglich sich erneut mit dem im 17. und 18. Jahrhundert regierenden Zaren Peter I. und sagte, mit der Kontrolle über das gesamte Asowsche Meer habe Russland heute eines der Ziele erreicht, für die Peter gekämpft habe. Der Sprecher des Präsidialamtes, Dmitri Peskow, ruderte am Donnerstag zurück und sagte, es sei Putin nicht um die Eroberung »neuer« Gebiete gegangen, sondern um die vollständige »Befreiung« derjenigen Regionen, die es bereits in sein Staatsgebiet aufgenommen habe. Gemeinst sind Cherson, Saporischschja, Donezk und Lugansk, die Ende September offiziell in die Russische Föderation aufgenommen worden waren.
Unterdessen gab Altbundeskanzlerin Angela Merkel zu, dass der Abschluss der Minsker Abkommen 2014 und 2015 von westlicher Seite eine Finte war. In einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der Zeit sagte sie, es sei dem Westen – und ihr selbst als einer der wesentlichen Verhandlungsführer – darum gegangen, der Ukraine Zeit zu gewinnen, damit sie sich konsolidieren könne. 2014 oder 2015 hätte die Ukraine nicht so lang Widerstand leisten können wie 2022, und sie bezweifle auch, »dass die NATO-Staaten damals so viel hätten tun können wie heute«.
In der Ukraine halten die Stromausfälle an. Nach russischen Schlägen gegen Kraftwerke und Trafostationen zerstörte ukrainische Artillerie am Mittwoch die zentrale Umspannstation für die Stadt Wolnowacha südwestlich von Donezk. Sie ist seit dem Frühjahr unter russischer Kontrolle. Auf ukrainischer Seite warnte der Bürgermeister von Kiew, Witali Klitschko, vor einem »apokalyptischen« Szenario, wenn Russland die Angriffe auf die Energieinfrastruktur fortsetze. Die 500 Wärmeräume, die die Stadt inzwischen eingerichtet habe, reichten bei weitem nicht aus für eine Stadtbevölkerung von inzwischen über drei Millionen Menschen. Noch sei nicht der Zeitpunkt für eine Evakuierung der Stadt, aber er könne kommen, so Klitschko.
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Das bedeutet aber auch, dass Deutschland absolut nicht vertrauenswürdig ist, nicht bei Verträgen, nicht bei Verhandlungen mit anderen Staaten, und es bedeutet weiterhin, dass die Regierung der BRD nicht davor zurückschreckt, Unwahrheiten zu verbreiten. Die heuchlerische Politik der BRD nicht nur nach außen, sondern ich sehe dies auch im Zusammenhang mit dem Umgang bestimmter Bevölkerungsschichten im eigenen Land: Hass und Polemik statt Frieden und Solidarität untereinander.
Mit der durch die Regierung der BRD proklamierten »Zeitenwende« wende ich mich ab von der deutschen Politik, verbunden mit einem Identitätsverlust in einem mir fremd gewordenen Land. Eine konstruktive Politik ist mit dieser Regierung nicht zu erwarten.