Brutal verzockt
Von Bernd Müller
Erst Twitter – jetzt Meta Platforms: Eine bislang ungekannte Entlassungswelle rollt über die US-amerikanische Techbranche, betroffen sind vor allem die sozialen Netzwerke. Allein bei »Meta« arbeiteten Ende September mehr als 87.000 Menschen – viele tausend von ihnen erhielten am Mittwoch die Kündigung.
Zu Meta Platforms gehören bekannte Dienste wie Facebook, Instagram und Whats-App. Mit dem »Metaverse« strebte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg an, eine virtuelle Welt zu schaffen, in der man arbeiten, einkaufen, leben und spielen kann. Letztlich trugen diese Ambitionen entscheidend dazu bei, das Unternehmen an den Rand einer wirtschaftlichen Schieflage zu bringen. Zuckerberg zeigte sich bei einer Konferenz mit Hunderten Führungskräften reumütig, berichtete das Wall Street Journal (WSJ) am Dienstag. Er sei für die Fehltritte des Unternehmens verantwortlich, sagte er. Sein übermäßiger Optimismus in bezug auf das Wachstum habe zu einer personellen Überbesetzung geführt.
Wie viele Beschäftigte ihre Stelle verlieren, ist bislang nicht bekannt. Prozentual gesehen sollen weniger gehen als bei Twitter, wo knapp die Hälfte der Belegschaft betroffen war. Laut WSJ wird allerdings davon ausgegangen, dass bei »Meta« die bislang größte Zahl von Angestellten beim Stellenabbau in einem großen Technologieunternehmen betroffen sein wird. Als kleinen Trost sollen die Entlassenen eine Abfindung in Höhe von vier Monatsgehältern erhalten.
Diese Entwicklung zeigt: Der Traum vom unbegrenzten Wachstum in der Techbranche ist mit der kapitalistischen Wirklichkeit kollidiert. Zwischen den verschiedenen Plattformen der sozialen Netzwerke herrscht erbitterte Konkurrenz: »TikTok«, ein großer Konkurrent aus China, hat das Wachstum der »Meta«-Plattformen zum Stocken gebracht. Die Forderung von Apple, dass die Nutzer zustimmen müssen, dass ihre Geräte verfolgt werden können, hat die Möglichkeiten der Social-Media-Plattformen zur gezielten Werbung eingeschränkt.
Nicht zuletzt dieses veränderte wirtschaftliche Umfeld hat den Aktienkurs von Meta Platforms um rund 70 Prozent einbrechen lassen. Daraufhin stiegen Finanzinvestoren auf die Barrikaden, was den Konzern dazu veranlasste, ein großes Kürzungsprogramm umzusetzen, was auch den Personalabbau beinhaltet. Die Kosten sollen um mindestens zehn Prozent gedrückt werden, heißt es im WSJ, und das dürfte auch nicht spurlos an den Plänen zum »Metaverse« vorbeigehen. Auf dieses Vorhaben sei ein Großteil der steigenden Kosten zurückzuführen, heißt es nun. Seit Anfang 2021 habe der Konzern knapp 15 Milliarden US-Dollar in das Projekt investiert. Auch eine üppige Werbekampagne habe die Besucherzahlen auf der Virtual-Reality-Plattform Horizon Worlds, die ein Vorläufer des »Metaverse« sein soll, nicht steigen lassen. Im Laufe des Jahres sollen sie sogar auf weniger als 200.000 gefallen sein.
»Ich verstehe, dass viele Leute mit dieser Investition nicht einverstanden sind«, sagte Zuckerberg auf der Bilanzkonferenz des Konzerns im vergangenen Monat noch trotzig. Er bekräftigte dann aber sein Engagement. »Ich denke, die Menschen werden in Jahrzehnten zurückblicken und über die Bedeutung der Arbeit sprechen, die hier geleistet wurde«, sagte er laut Wall Street Journal.
Meta Platforms musste allerdings auch hohe Investitionen für zusätzliche Rechenleistung und künstliche Intelligenz aufwenden. Damit sollte die Plattform für Kurzvideos »Reels« weiterentwickelt werden, um mit »TikTok« Schritt halten zu können. Diese Weiterentwicklungen sind auch notwendig geworden, um Werbeanzeigen gezielter und mit weniger notwendigen Daten ausspielen zu können.
Zuckerberg hatte zuletzt erklärt, der Konzern werde künftig »seine Investitionen auf eine kleine Anzahl von Wachstumsbereichen mit hoher Priorität konzentrieren«. Entsprechend sollen einige »Teams« deutlich wachsen, während die anderen im nächsten Jahr stagnieren oder schrumpfen werden. Auf der Leitungsebene gehe man davon aus, dass der Konzern Ende 2023 entweder gleich groß oder etwas kleiner sein werde als heute.
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