Bundeskanzler in Beijing
Von Annuschka Eckhardt
Bevor es vom Regierungsflieger auf den roten Teppich ging, kam erst einmal das Wattestäbchen zum Einsatz. Bundeskanzler Olaf Scholz musste sich der »Zero-Covid«-Strategie Chinas anpassen und einen PCR-Test machen, bevor er am Freitag mit Staats- und Parteichef Xi Jinping in der Großen Halle des Volkes zusammentraf. Scholz besuchte Xi als erstes europäisches Staatsoberhaupt nach dessen Wiederwahl beim 20. Nationalkongress der Kommunistischen Partei Chinas im Oktober.
»Ich bin froh, dass ich hier sein kann und wir miteinander sprechen können«, sagte der Kanzler zu Beginn seines Treffens mit Xi. Der würdigte zunächst den 50. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen China und der BRD. Diese »Reise zeige, dass sich die bilateralen Beziehungen insgesamt in die richtige Richtung entwickeln und stetige Fortschritte machen würden, solange beide Seiten den Grundsätzen des gegenseitigen Respekts, der Suche nach Gemeinsamkeiten bei gleichzeitiger Wahrung der Unterschiede, der Aufrechterhaltung des Austauschs und des gegenseitigen Lernens sowie der Verfolgung einer für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit folgten«, erklärte Xi.
Neben Vertiefungen der Wirtschaftsbeziehungen wurde auch der Krieg in der Ukraine thematisiert. »Wir können uns keine weitere Eskalation leisten«, sagt Ministerpräsident Li Keqiang. Er hoffe auf ein baldiges Ende der Kampfhandlungen und betonte die Notwendigkeit von Friedensgesprächen.
Scholz, der aus seiner Koalitionsregierung einiges an Kritik für seine Reise hatte einstecken müssen, vergaß nicht, China vor einer Invasion in Taiwan zu warnen. Veränderungen des Status quo dürften »nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen« erfolgen, so Scholz. Um die Kritiker zu besänftigen, hatte Scholz im Vorfeld des Besuchs am Dienstag ein Videotelefonat mit »regierungskritischen Menschenrechtsanwälten« in der Volksrepublik geführt, wie dpa berichtete.
Weniger Hemmungen in bezug auf die vom Westen so einseitig propagierte Einhaltung der Menschenrechte haben die Vertreter der deutschen Wirtschaft. Scholz wurde von zwölf Managern begleitet, die milliardenschwere Interessen verfolgen. Unter den von rund 100 Bewerbern ausgewählten Delegierten, befanden sich Vertreter von Volkswagen, Deutsche Bank, BASF, BMW und Siemens.
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