Waffenstillstand in Äthiopien besiegelt
Von Ina Sembdner
Die Zeichen stehen vorerst auf Entspannung. Am Mittwoch einigten sich die äthiopische Regierung und die »Befreiungsfront von Tigray« (TPLF) bei den Friedensverhandlungen in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria auf einen Waffenstillstand. Etwas mehr als eine Woche nach Beginn der von der Afrikanischen Union (AU) vermittelten Gespräche unterzeichneten Delegierte beider Seiten ein Abkommen über eine »dauerhafte Einstellung der Feindseligkeiten«.
Der Leiter des AU-Vermittlungsteams, der ehemalige nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo, fügte hinzu, dass man sich auf »eine systematische, geordnete, reibungslose und koordinierte Entwaffnung geeinigt« habe. Die Vereinbarung umfasse auch »die Wiederherstellung von Recht und Ordnung, die Wiederherstellung von Dienstleistungen, den ungehinderten Zugang zu humanitären Hilfsgütern und den Schutz der Zivilbevölkerung«. Zugleich betonte der Vermittler, dass dieser Moment nicht das Ende des Friedensprozesses sei, die Umsetzung sei »entscheidend für seinen Erfolg«. Dies werde von einem hochrangigen AU-Gremium kontrolliert.
Der äthiopische Premierminister Abiy Ahmed versprach in einer Erklärung, dass sich seine Regierung nachdrücklich für die Umsetzung des Abkommens einsetzen werde. Getachew Reda, ein Sprecher der Behörden von Tigray, äußerte sich bei der Zeremonie über das große Ausmaß an Tod und Zerstörung in der Region und sagte, er hoffe und erwarte, dass beide Parteien ihre Verpflichtungen einhalten werden.
Zuletzt hatte jedoch die TPLF im August einen fünf Monate währenden Waffenstillstand einseitig beendet, um eine erneute Offensive gegen die Zentralregierung zu starten. Die Streitkräfte der Regierung schlugen den bewaffneten Angriff jedoch zunehmend erfolgreich zurück, so dass die »Rebellen« deutliche Gebietsverluste hinnehmen mussten. Im November 2020 hatte die bis zum Beginn von Ahmeds Präsidentschaft in Äthiopien herrschende TPLF ihren bewaffneten Feldzug gegen die Zentralregierung mit einem Angriff auf das in Tigray stationierte Nordkommando gestartet und die Kämpfe im vergangenen Jahr auf die Nachbarregionen Afar und Amhara ausgeweitet. In den vergangenen zwei Jahren wurden Tausende Menschen getötet, Millionen vertrieben und Hunderttausende an den Rand einer Hungerkatastrophe gebracht.
Der ehemalige kenianische Präsident Uhuru Kenyatta, der die Gespräche mit vermittelt hat, verwies auf die Herausforderungen für die Zukunft. Eine dauerhafte Lösung könne nur »durch politisches Engagement und die Fähigkeit erreicht werden, unsere Unterschiede und unsere Vielfalt unter einen Hut zu bringen und dennoch ein geeintes Äthiopien zu bleiben«. Er hoffe auf den Beginn eines Gesprächsprozesses, denn eine »dauerhafte Lösung kann nur im Dialog liegen«.
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