Immer privat vor Staat

Im neuen Heft der Schriftenreihe des Münchner Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung leuchtet der Marburger Politikwissenschaftler Jörg Becker Geschichte und Gegenwart des Bertelsmann-Konzerns aus. Er schreibt über die Entwicklung des Gütersloher Unternehmens vom Familienbetrieb zum »transnationalen Finanzkonzern«, die Geschäfte mit Büchern, TV, Musik und Zeitschriften, die Geschäfte der Bertelsmann-Tochter Arvato, die Präsenz in Steueroasen sowie die Bertelsmann-Aktivitäten in den USA, in China und in Südamerika.
Auch der Bertelsmann-Stiftung ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Konzern und Stiftung träten zwar als zwei getrennte Einheiten auf, seien aber über »Besitzanteile und Personen auf das engste miteinander verknüpft«. Und diese Stiftung »betreibt Politik«. Es gebe kaum einen Politikbereich, den sie nicht thematisiere. Der grundlegende Tenor bleibe immer derselbe: »Stets sind privatwirtschaftliche Modelle besser und effektiver als staatliche Modelle, und stets geht es um eine Dynamisierung von Konkurrenz, Leistung und individueller Verantwortung.« Eine »Manie« sei es, fragwürdige Rankings zu erstellen und zu veröffentlichen, etwa das jährliche Ranking der »besten« Universitäten des »Centrums für Hochschulentwicklung«.
Becker betont, dass eine tatsächliche Internationalisierung des Geschäfts noch bevorstehe: Schwerpunkte seien nach wie vor die USA und die EU; alle anderen Länder machen lediglich 6,6 Prozent des Umsatzes aus. Da Bertelsmann nicht »Autofelgen oder Cafébecher« produziere, sondern »Content«, sei eine Internationalisierungsstrategie viel schwieriger. (jW)
ISW-Report, Nr. 128, 32 Seiten, 3,50 Euro, Bezug: ISW e. V., Johann-von-Werth-Str. 3, 80639 München, E-Mail: isw_muenchen@t-online.de
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