Trauriges Schauspiel in Andalusien
Von Carmela Negrete
Der Zustand der Linken in Spanien könnte eindeutig besser sein. Die Beteiligung des Bündnisses »Unidas Podemos« (UP) an der Zentralregierung – dort koaliert UP mit dem sozialdemokratischen PSOE – hindert große Teile von ihr offenbar daran, sich an Protesten gegen die NATO zu beteiligen. Und auch im Vorfeld der Wahlen in der südlichen Autonomieregion Andalusien liefern die linken Kräfte ein trauriges Schauspiel.
Unter dem Motto »Andalusien antimilitaristisch. Nein zur NATO, Militärbasen raus« marschierte am Sonntag eine handvoll linker Kleinparteien und Gewerkschafter zur NATO-Militärbasis in Rota bei Cádiz. Weder die Kommunistische Partei Spaniens (PCE) noch ihr Bündnis »Vereinigte Linke« (IU) oder die Linkspartei Podemos – zusammen bilden die beiden letztgenannten »Unidas Podemos« – hatten zu dem Protest aufgerufen oder nahmen an ihm teil. Ebensowenig wie die antikapitalistische Abspaltung von Podemos in Andalusien, »Adelante Andalucía« (»Vorwärts Andalusien«).
Am 19. Juni soll in Andalusien ein neues Regionalparlament gewählt werden. Links von der PSOE haben die Wählerinnen und Wähler dabei hauptsächlich zwei Optionen: das von der Presse »breite Front« genannte Bündnis »Por Andalucía« (»Für Andalusien«), bestehend aus Podemos, IU, Más País, der grünen Equo sowie der »Volksinitiative des Andalusischen Volkes« einerseits, und die Partei »Adelante Andalucía«, gegründet und geleitet von der früheren Podemos-Chefin in der Region, Teresa Rodríguez.
Wie mehrere Medien berichteten, erfolgte die Einigung auf das Bündnis »Für Andalusien« am Freitag allerdings so spät, dass Podemos es nicht mehr schaffte, sich vor Ende der Frist um Mitternacht einzuschreiben. Daraufhin kündigte die Linkspartei an, juristisch gegen die Entscheidung der Wahlkommission vorgehen zu wollen. Hauptkonfliktpunkt scheint die Frage der Spitzenkandidatur gewesen zu sein. Schlussendlich einigten sich die Parteien der Wahlkoalition auf die IU-Politikerin Inmaculada Nieto. In einer Pressemitteilung von Podemos heißt es, die Linkspartei habe »um der Einigung der Parteien willen« verzichtet.
Der PCE-Generalsekretär Enrique Santiago erklärte am Sonntag gegenüber dem spanischen Fernsehsender TVE, das Wahlbündnis in Andalusien sei »der erste Schritt auf dem Weg zu einer breiten Front unter der Führung von Yolanda Díaz«. Die Vizechefin der Madrider Zentralregierung, die das Amt der Arbeitsministerin innehat, gilt derzeit als Hoffnungsträgerin der spanischen Linken. In den vergangenen Monaten konnte Díaz mehrere Vereinbarungen durchsetzen, die die Situation von Millionen Erwerbstätigen zumindest punktuell verbesserten. Dementsprechend genießt sie große Unterstützung in Teilen der Bevölkerung. Andererseits gibt es durchaus Kritik an einem noch breiteren Wahlbündnis unter ihrer Führung, das auch weniger linke Parteien einschließen könnte.
Bereits am Donnerstag hatte Díaz in Sevilla erklärt, sie wünsche sich, »dass Andalusien den Zeichen der Zeit nicht den Rücken zukehrt, nach vorne schaut und den Zusammenschluss sucht«. Ob »Für Andalusien« allerdings großen Einfluss auf die Regionalwahlen nehmen kann, ist offen. Seit 2019 regiert in der Autonomieregion die rechtskonservative Volkspartei (PP), unterstützt von den neoliberalen Ciudadanos und den Ultrarechten von Vox. Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass die PP trotz erheblichen Stimmenzuwachses eine absolute Mehrheit knapp verpassen dürfte. Auch Vox kann mit starken Zuwächsen rechnen und dürfte sich als drittstärkste Kraft in Andalusien konsolidieren – hinter den Sozialdemokraten. Dem Linksbündnis »Für Andalusien« werden etwas mehr als zehn Prozent der Stimmen vorhergesagt.
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