Regierungswechsel wahrscheinlich
Von Bernhard Krebs, Köln
In Schleswig-Holstein geht die CDU um Ministerpräsident Daniel Günther mit steifem Rückenwind in die Landtagswahl am kommenden Sonntag. Eine Ausgangslage, von der Günthers Amtskollege und Parteifreund Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen nur träumen kann. Zwar liegt die CDU nach dem Umfrageergebnis des von 39 regionalen Tageszeitungen an Rhein und Ruhr in Auftrag gegebenen »NRW-Checks« klar vorn. Doch Wüsts Chancen, auch nach der Landtagswahl am 15. Mai weiterhin in Düsseldorf Regierungschef zu bleiben, scheinen derzeit eher gering.
Knapp anderthalb Wochen vor der Landtagswahl im bevölkerungsreichsten Bundesland scheint ein Wechsel in NRW wahrscheinlich. Allein, eine eindeutige Wechselstimmung der Wählerinnen lässt sich aus dem »NRW-Check« des Meinungsforschungsinstituts Forsa nicht herauslesen. Demnach liegt die CDU mit 32 Prozent Wählerzustimmung vier Prozentpunkte vor der SPD (28). Ein Zuwachs im Vergleich zum letzten »NRW-Check« vom April, als beide Parteien noch mit jeweils 30 Prozent gleichauf lagen. Bei den meisten Umfragen anderer Institute der vergangenen Wochen hatten sich CDU und SPD ein engeres Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert – teils auch mit kleinem Vorsprung für die SPD. Auf den Plätzen in der aktuellen Umfrage folgen Bündnis 90/Die Grünen mit 17 Prozent (minus eins), die FDP mit sieben (minus eins) und die AfD unverändert mit sechs Prozent.
Die Partei Die Linke landet mit drei Prozent weiter deutlich unter der Fünfprozenthürde. Im Gegensatz zur Aprilbefragung konnte Die Linke aber einen Prozentpunkt hinzugewinnen. Dennoch würde die Partei bei diesem Ergebnis zum dritten Mal in Folge nach 2012 nicht in den Landtag einziehen können. Bei der letzten Wahl im Mai 2017 war Die Linke mit 4,9 Prozent denkbar knapp an der Fünfprozenthürde gescheitert. »Umfragen sind keine Wahlergebnisse«, gab sich am Donnerstag auf jW-Nachfrage Linke-Spitzenkandidat Jules El-Khatib kämpferisch. Er verwies auf breite Unterstützung aus der Klima- und Mieterbewegung sowie von Pflegekräften.
Sicher scheint nach der Umfrage aber zu sein, dass »die amtierende schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf klar abgewählt« werde, bilanzierte die Westdeutsche Allgemeine Zeitung die Umfrage laut dpa-Bericht vom Mittwoch. Wer aber künftig die Geschicke des Landes lenken wird, steht in den Sternen. Laut »NRW-Check« befürworten die Wähler mit 24 Prozent Zustimmung ein »rot-grünes« Bündnis, das bisherige Regierungsbündnis aus CDU und FDP kommt hingegen nur auf einen 20prozentigen Zustimmungswert. Eine Ampel wie im Bund aus SPD, Grünen und FDP befürworten lediglich acht, ein Bündnis aus CDU, FDP und Grünen gar nur vier Prozent der Befragten.
Die einzig realistische Machtoption für Amtsinhaber Wüst, der nach dem schwachen Abschneiden der CDU bei der Bundestagswahl Armin Laschet als »Landesvater« beerbt hatte, scheint eine Koalition mit den wiedererstarkten Grünen zu sein. Die waren 2017 mit 6,4 Prozent lediglich auf Platz fünf hinter FDP (12,6) und AfD (7,4) gelandet. »Schwarz-Grün« in NRW, wo die Grünen kurioserweise immer noch im Ruf stehen, »links« zu sein, wäre aber wohl nur dann für Wüst realisierbar, wenn die CDU mit sattem Vorsprung vor der SPD gewinnen würde. Angesichts des knappen Rennens um die Macht in Düsseldorf war sich der bürgerliche Blätterwald am Donnerstag in einem Punkt aber sehr einig: Es bleibe »spannend«, hieß es unisono. Und das ist doch das wichtigste.
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