Entlastungspaket beschlossen
Von Raphaël Schmeller
Ob Energie, Lebensmittel oder Sprit – viele Menschen in der BRD ächzen unter den heftig steigenden Preisen. Das Bundeskabinett hat nun als Reaktion darauf ein sogenanntes Entlastungspaket auf den Weg gebracht. Stolz wurde es am Mittwoch von den Spitzen der Koalition aus SPD, Grünen und FDP präsentiert. Unter anderem soll die Energiesteuer auf Kraftstoffe befristet für drei Monate gesenkt werden. Einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige sollen zum Ausgleich der hohen Energiekosten außerdem im September eine Pauschale von einmalig 300 Euro brutto erhalten. Auch das Kindergeld soll einmalig um 100 Euro pro Kind angehoben werden. Ab Juni soll darüber hinaus bundesweit für drei Monate ein Neun-Euro-Monatsticket im Nah- und Regionalverkehr angeboten werden.
Opposition und Sozialverbände bemängeln, die Hilfen würden die explodierenden Preise bei weitem nicht abfedern. »Das Entlastungspaket der Ampel hat zu viele Leerstellen«, sagte Christian Görke, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion, am Mittwoch gegenüber jW. »Vor allem Rentner, Studenten und Minijobber gucken in die Röhre.« Statt der »knauserigen Energiepreispauschale« für Erwerbstätige fordert Görke eine Entlastung für alle Haushalte in Höhe von mindestens 1.000 Euro. Wie das? »Die Ampel sollte sich ehrlich machen und Zusatzgewinne von Krisengewinnern zur Gegenfinanzierung heranziehen«, so der Linke-Politiker.
Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband hält die Maßnahmen der Bundesregierung für »völlig unzureichend«. »Die Monat für Monat dahinschmelzende Kaufkraft treibt die Ärmsten gerade buchstäblich an den Rand der Verzweiflung«, so Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Sie dürften nicht länger mit unzureichenden Einmalzahlungen vertröstet werden, sondern bräuchten »spürbare und dauerhafte Unterstützung in ihrer Not«. Die Bundesregierung müsse endlich einsehen, dass die Hartz-IV-Regelsätze »schlicht viel zu niedrig« seien, so Schneider weiter. Es brauche mindestens 200 Euro mehr im Monat, um die Grundsicherung annähernd bedarfsgerecht zu machen. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes sind Nahrungsmittelpreise zwischen März 2021 und März 2022 um mehr als sieben Prozent gestiegen. Die Hartz-IV-Regelsätze wurden zu Jahresbeginn um gerade einmal 0,7 Prozent erhöht.
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