Ein Kriegsschiff namens »Köln«
Von Nick Brauns
Die Stadt Köln hat ein neues Patenkind. Der Täufling ist rund 90 Meter lang und wiegt um die 1.800 Tonnen. Am Donnerstag wurde auf der Werft Blohm und Voss in Hamburg das erste von fünf derzeit für die Bundesmarine gebauten Kriegsschiffen der Korvettenklasse K 130 von der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf den Namen der fernab vom Meer am Rhein gelegenen Domstadt getauft. Schwerpunkt der Berichterstattung in Boulevardblättern wie dem Kölner Express war dabei die Frage, ob die Taufe mit Kölsch oder Champagner erfolgen sollte – das Beschaffungsamt der Bundeswehr hatte schließlich auf dem traditionellen Schaumwein bestanden. Worum es tatsächlich ging, erklärte die parlamentarische Staatssekretärin aus dem Verteidigungsministerium, Siemtje Möller (SPD). »Die Taufe der Korvette ›Köln‹ steht sinnbildlich für den Schritt zu einer höheren Einsatzfähigkeit und Vollausstattung unsere Deutschen Marine und somit unserer Streitkräfte.«
Das Korvettengeschwader der Bundesmarine in Rostock-Warnemünde verfügt bereits seit 2008 über fünf K-130-Korvetten. Mit dem Bau des zweiten Loses wurde im September 2017 eine Arbeitsgruppe aus der NVL Group (ehemals Lürssen) als federführendem Unternehmen, Thyssen-Krupp Marine Systems sowie German Naval Yards Kiel beauftragt. Die Auslieferung der »Köln« ist für 2023 vorgesehen, die übrigen Korvetten sollen bis 2025 der Bundesmarine übergeben werden.
Die mehr als zwei Milliarden Euro teuren Schiffe seien von den damaligen Haushaltspolitikern Johannes Kahrs (SPD) und Eckart Rehberg (CDU) als »Geschenk für die Rüstungsindustrie« in den Bundeshaushalt geschriebenen worden, kritisierte Tobias Pflüger, Friedensforscher und stellvertretender Vorsitzender der Partei Die Linke, am Donnerstag gegenüber junge Welt. »Jede dieser Milliarden ist Verschwendung und sollte nicht für Aufrüstung ausgegeben werden«, so Pflüger, der daher von Schiffen der »Kahrs-Klasse« spricht. Die »Köln« werde in Auslandseinsätzen der Bundeswehr vom Mittelmeer über den Atlantik bis hin zum chinesischen Meer zum Einsatz kommen, befürchtet Pflüger.
Korvetten sind kleiner und deswegen leichter und schneller als Fregatten. »Der geringe Tiefgang der Korvetten ermöglicht, dass sie auch sehr nahe an eine Küste heranfahren können«, heißt es auf einer Website der Bundeswehr. »Das macht sie einerseits zu Spezialisten für enge Seegebiete wie die Ostsee, andererseits sind sie gerade deshalb insbesondere als multinationale Krisenreaktionskräfte geeignet.«
Hauptwaffensystem der K 130 sind Lenkflugkörper, mit denen See- und Landziele in einer Reichweite von mehr als 200 Kilometer Entfernung bekämpft werden können. Auch der Einsatz als Minenleger ist möglich. Das aus dem Jahr 2007 stammende Einsatzkonzept des Inspekteurs der Marine für die K 130 benennt weltweite Einsätze zur »Konfliktverhütung und Krisenbewältigung« einschließlich des Kampfes gegen »internationalen Terrorismus« und Piraterie. Gemeint ist wohl, dass die Korvetten insbesondere zur Durchsetzung von Blockaden und Embargos gegen Staaten oder Bewegungen herangezogen werden sollen, die sich dem Hegemoniestreben des westlichen Kriegsbündnisses entgegenstellen. Zum Einsatz kamen die Korvetten der Bundesmarine im Rahmen der UN-Mission UNIFIL vor der Küste des Libanon, die unter anderem Waffenlieferungen an die schiitische Widerstandsbewegung Hisbollah verhindern soll.
Die jetzt getaufte Korvette ist bereits das sechste Schiff der deutschen Kriegsmarine mit Namen Köln. Erstmals trug ein Kleiner Kreuzer diesen damals noch mit C geschriebenen Namen. An das Schicksal dieses Kriegsschiffes, das am 28. August 1914 bei einem Seegefecht vor Helgoland von britischen Schlachtkreuzern versenkt wurde, erinnert bis heute das zerschossene Wrack eines der Beiboote in der Eigelsteintorburg am Rhein. Nur ein Matrose der 200köpfigen Besatzung hatte den Untergang der »Cöln« überlebt.
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