Waffen statt Diplomatie
Von Ina Sembdner
Die NATO plant eine deutliche Ausweitung der militärischen Aufrüstung der Ukraine. Noch vor rund zwei Wochen war eine solche Unterstützung bei einem Sondergipfel des westlichen Kriegsbündnisses ausgeschlossen worden. Beim Treffen der NATO-Außenminister am Donnerstag in Brüssel erklärte nun Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündis 90/Die Grünen), man schaue, wie man die Ukraine zukünftig intensiver und koordinierter unterstützen könne. Ihre britische Amtskollegin Elizabeth Truss konkretisierte gleich: »Wir intensivieren unsere Waffenlieferungen.« Genauere Details wurden nicht bekannt. Mehrere Teilnehmer bestätigten jedoch im Hintergrund, so dpa, dass Tschechien bereits Kampfpanzer auf den Weg in die Ukraine gebracht habe.
Weiteren Druck auf seine westlichen Verbündeten hatte zuvor Dmitro Kuleba aufgebaut. Der ukrainische Außenminister erklärte, Deutschland könne »angesichts seiner Reserven und Kapazitäten« mehr machen, Länder, die zwischen Offensiv- und Defensivwaffen unterschieden, seien »scheinheilig«. Sein Land wolle »Waffen, Waffen, Waffen«, denn diese würden »heute dem Frieden« dienen. Von Berlin fordert Kiew unter anderem Panzer. Die USA hatten vor dem Treffen weitere Militärhilfen von bis zu 100 Millionen US-Dollar angekündigt.
Diplomatie spielt derweil eine zunehmend geringere Rolle. Nach der Ausweisung zahlreicher russischer Diplomaten aus europäischen Hauptstädten rückt Kiew offenbar auch von bislang mit Moskau erreichten Verhandlungsergebnissen ab. Am Donnerstag erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow laut TASS, die ukrainische Regierung habe am Vortag einen Abkommensentwurf vorgelegt. Dieser stelle jedoch »eine klare Abweichung von den wichtigsten Bestimmungen dar«, die bei dem Treffen in Istanbul vergangene Woche festgehalten worden seien. So bestehe Kiew unter anderem darauf, die seit 2014 zur Russischen Föderation gehörende Krim und die »Volksrepubliken« Donezk und Lugansk »auf die Tagesordnung eines Treffens zwischen dem russischen und dem ukrainischen Präsidenten« zu setzen.
Unterdessen konzentrieren sich die Kämpfe auf die Ostukraine. Russische Truppen hätten 29 Militärobjekte bombardiert, erklärte Militärsprecher Igor Konaschenkow. Dabei seien Luftabwehrsysteme, Artilleriegeschütze, mehrere Kommando- und Stützpunkte der ukrainischen Streitkräfte sowie Munitions- und Treibstofflager vernichtet worden. Der Bürgermeister von Charkiw, Igor Terechow, sagte am Mittwoch abend per Videobotschaft, weder er noch das Militär hielten es momentan für notwendig, eine zentralisierte Evakuierung aus der zweitgrößten Stadt des Landes durchzuführen. Zuvor hatte die ukrainische Vizeregierungschefin Irina Wereschtschuk aus Sorge vor einer neuen russischen Offensive im Osten des Landes die Menschen in den Gebieten Lugansk, Donezk und Charkiw zur Flucht aufgerufen.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart ( 8. April 2022 um 09:53 Uhr)Waffen statt Diplomatie! Was für eine Logik? Die Scheinregierung der Ukraine will »Waffen, Waffen, Waffen«, denn diese würden »heute dem Frieden« dienen. Damit ist ein Frieden in Europa in weitere Zukunft verschoben wurde. Wem nützt es? Sicherlich nicht der Ukraine, die völlig ruiniert wird und ausbluten, wenn nicht sogar ganz verschwinden wird. Es nützt allein den Angelsachsen, wie vor über hundert Jahre, als sie ihre untergehende viktorianische Welthegemonie mit dem ersten Weltkrieg retteten. In einer friedlichen Welt wäre die US-Militärindustrie dem Untergang geweiht, und das Land wäre schon längst pleite. Eine solche Welt zu verhindern und ihr System aufrechtzuerhalten, dazu dient ihre globale Kriegszündelei. Das klingt brutal, aber es scheint mir leider die Realität zu sein.
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