Orban bleibt
Von Matthias István Köhler
Selbst Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban war überrascht über das deutliche Ergebnis: Die Parteien der Regierungskoalition haben die Wahlen am Sonntag gewonnen und werden auch in den kommenden vier Jahren mit einer für etwaige Verfassungsänderungen nötigen Zweidrittelmehrheit das Parlament dominieren. Das Oppositionsbündnis erlitt eine krachende Niederlage – bereits in der Wahlnacht begann die Suche nach Schuldigen.
Laut Stand der Auszählung vom Montag nachmittag erreichte Orbans Fidesz-Partei 53 Prozent und kommt mit den Direktmandaten auf 135 von 199 Parlamentssitzen. Die Oppositionsallianz »In Einheit für Ungarn« kommt auf nur 56. Aus dem Stand kam auch die im Vergleich junge faschistische Partei »Unsere Heimat« auf sieben Sitze. Ein Platz fiel einem Vertreter der deutschen Minderheit in Ungarn zu.
»Wir haben einen riesigen Sieg errungen. Einen so großen Sieg, dass man ihn womöglich vom Mond sehen kann, und ganz sicher aus Brüssel«, sagte Orban am Sonntag abend vor seinen Anhängern. Sein Herausforderer, auf den sich die Oppositionsparteien in einem langwierigen Verfahren verständigt hatten, der konservative Peter Marki-Zay, erkannte im Anschluss den Sieg des Amtsinhabers an, sagte aber, dass die Wahl nicht »demokratisch und frei« gewesen wäre.
Der Vorsitzende der rassistischen Partei Jobbik, Peter Jakab, machte in einer Videobotschaft am Sonntag abend Marki-Zay für das Abschneiden verantwortlich. Dennoch gebe es keine »Alternative zur Zusammenarbeit« der Oppositionsparteien. Auch der Vorsitzende der »Demokratischen Koalition«, der frühere Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany, schob Marki-Zay die Schuld zu.
Zeitgleich mit der Wahl hatte es auch ein Referendum über ein Gesetz zum »Kindeswohl« gegeben, das Minderjährige vor vermeintlicher »sexueller Propaganda« schützen soll. Die Volksabstimmung war wegen zu geringer Beteiligung ungültig.
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