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Online Extra
19.04.2021, 19:31:11 / Ausland

US-Staatsanwalt: Expolizist für »Mord« George Floyds verantwortlich

Hohe Erwartungen an den Prozess: Auf Plakaten in Minneapolis wir
Hohe Erwartungen an den Prozess: Forderungen nach Gerechtigkeit in Minneapolis

Minneapolis. Im Prozess gegen den weißen Expolizisten Derek Chauvin wegen der Tötung des Schwarzen George Floyd vor einem Gericht in der US-Metropole Minneapolis hat die Staatsanwaltschaft ihr Schlussplädoyer gehalten. Chauvin habe Floyd mit »exzessiver und erbarmungsloser Gewaltanwendung« getötet, sagte Staatsanwalt Steve Schleicher am Montag: »Das war kein Polizeieinsatz, das war Mord«.

Floyd habe Chauvin bis zu seinem letzten Atemzug gebeten, ihn atmen zu lassen, während dieser neun Minuten und 29 Sekunden erbarmungslos auf ihm gekniet habe. »Der Angeklagte hat nicht geholfen«, betonte Schleicher an die Geschworenen gerichtet. Chauvin habe viel mehr auf »schockierende« Weise gegen alle Richtlinien der Polizei zur zulässigen Gewaltanwendung verstoßen. Während seines neun Minuten und 29 Sekunden dauernden Todeskampfes habe Floyd Chauvin 27 Mal gebeten, ihn Atmen zu lassen.

Nach den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung werden die Mitglieder der Jury beraten, um über Schuld oder Unschuld Chauvins zu befinden. Der schwerwiegendste Anklagepunkt lautet Mord zweiten Grades ohne Vorsatz. Darauf stehen im US-Bundesstaat Minnesota bis zu 40 Jahre Haft. Nach deutschem Recht entspräche dies eher dem Totschlag.

Zudem wird Chauvin auch Mord dritten Grades vorgeworfen, was mit bis zu 25 Jahren Haft geahndet werden kann. Auch muss er sich wegen Totschlags zweiten Grades verantworten, worauf zehn Jahre Haft stehen. Dieser Anklagepunkt entspräche nach deutschem Recht fahrlässiger Tötung. Chauvin hat auf nicht schuldig plädiert.

Der 46 Jahre alte Floyd war am 25. Mai vergangenen Jahres in Minneapolis bei einer Festnahme ums Leben gekommen. Videos dokumentierten, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Floyds Tod hatte in den USA mitten in der Pandemie eine Welle von Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst – und wurde damit zur größten Protestbewegung seit Jahrzehnten.

Chauvin war nach dem Vorfall entlassen worden. Er befindet sich gegen Kaution auf freiem Fuß. Neben ihm sind drei weitere am Einsatz gegen Floyd beteiligte Expolizisten angeklagt, die in einem separaten Verfahren ab dem 23. August vor Gericht stehen werden. Ihnen wird Beihilfe zur Last gelegt. Auch ihnen drohen langjährige Haftstrafen. (dpa/jW)

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