Betriebsräte stärken
Von Oliver Rast
Beschäftigte sind oft machtlos, der Unternehmerwillkür ausgesetzt. Ihnen fehlt betriebliche Mitbestimmung, sprich: ein engagierter Betriebsrat. Unter dem Motto »Betriebsräte stärken, aber richtig!« veranstaltete die Bundestagsfraktion von Die Linke am Mittwoch nachmittag eine Onlinepodiumsdiskussion. Jutta Krellmann, Linke-Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit, Thomas Sielemann, Betriebsrat der Thalia-Buchhandlungen Berlin, Fachanwältin Sirkka Schrader und Franziska Foullong vom Fachbereich Handel im Verdi-Bezirk Berlin diskutierten über Aufbau und Behinderungen von Beschäftigtenvertretungen.
Hintergrund ist das am 31. März seitens des Bundeskabinetts beschlossene sogenannte Betriebsrätemodernisierungsgesetz. Der Rückgang der Zahl der Unternehmen mit Betriebsrat und der Zahl der Beschäftigten, deren Interessen durch Betriebsräte vertreten werden, ist dramatisch. Ein solches Mitbestimmungsgremium existiert aktuell nur noch in jeder zehnten Firma mit mindestens fünf Kollegen, stellten die Diskutanten fest. 41 Prozent der Beschäftigten im Westen und 36 Prozent im Osten werden lediglich von Betriebsräten vertreten.
Die Bundesregierung plane mit dem Gesetz zwar eine Reform, so Krellmann in der Veranstaltungsankündigung, die gehe aber nicht weit genug. Betriebsräte brauchen etwa einen Unterlassungsanspruch bei Betriebsänderungen, wenn beispielsweise eine Firma aufgespalten wird, wie jüngst im Fall der Buchhandelskette Thalia. Das Gesetz sieht dafür einen Interessenausgleich zwischen den sogenannten Sozialpartnern vor, so steht es geschrieben. Mehr indes nicht – denn: Wenn ein Unternehmen die Belegschaft samt Betriebsrat kurzerhand ohne Konsultationen vor vollendete Tatsachen stelle, gebe es bislang keine rechtliche Handhabe, dagegen vorzugehen, erläuterte Thalia-Betriebsrat Sielemann. Damit werde eine betriebliche Mitbestimmung regelrecht ausgehebelt.
Es gibt ein weiteres Problem: Die Kapitalseite kann stattfindende Verhandlungen in Sachen Interessenausgleich für gescheitert erklären. Das heißt, für »Arbeitgeber« besteht kein Zwang, mit dem Betriebsrat eine Einigung zu erzielen. Für sie sind Gesprächsrunden über einen potentiellen Interessenausgleich kaum mehr als eine lästige Pflichtübung, die ergebnislos bleiben kann.
Aber selbst ein Unterlassungsanspruch würde eine Ad-hoc-Umstrukturierung eines Unternehmens nicht gänzlich verhindern können, fürchteten die Diskutanten. Zumal Betriebsänderungen gerne als Ausdruck »unternehmerischer Freiheit« ausgewiesen würden. Deshalb brauche es die Option, unternehmensübergreifend Betriebsräte installieren zu können, um etwa bei Ausgliederungen von Firmenbereichen oder Filialen mitzubestimmen.
Kurzum: Das »Betriebsrätemodernisierungsgesetz« schaffe in seiner jetzigen Form keinen effektiven Schutz bestehender Betriebsräte, konstatierte Krellmann. »Diese sind weiterhin den Angriffen der Arbeitgeber ausgesetzt.«
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