Zurück auf der Straße
Von Thorben Austen, Quetzaltenango
In Guatemala-Stadt haben am Donnerstag (Ortszeit) Tausende Anhänger der Landarbeiterorganisation Codeca (Komitee für bäuerliche Entwicklung) für ihre Rechte demonstriert. Nachdem die Organisation seit Beginn der Pandemie auf öffentliche Massenveranstaltungen verzichtet hatte, entschieden die Mitglieder im Januar, den Protest wieder auf die Straße zu bringen.
Von vier Punkten der Hauptstadt begannen früh am Morgen Sternmärsche zu einer Kundgebung vor dem Parlamentsgebäude. Laut den Veranstaltern nahmen etwa 15.000 Menschen an den Protesten teil. Allerdings hatte die Polizei bereits am Mittwoch mit Verweis auf die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung Bussen die Weiterfahrt verweigert und nach Verhandlungen nur einzelne Repräsentanten zur Demonstration gelassen.
In einer Erklärung Codecas hatte es zuvor geheißen: »Während die Regierung uns während der Pandemie auferlegte, ›zu Hause zu bleiben‹, konnten transnationale Konzerne ihre Arbeit ungestört fortsetzen und die Ausbeutung von Mineralien, Wasser, Öl, Holz etc. fortführen, ohne dass die Völker die Möglichkeit hatten, sich zu organisieren und Widerstand zu leisten.« Hauptforderung auf der Demonstration war die Vergesellschaftung der Stromversorgung. Zudem wurden Angriffe von seiten der Energiekonzerne gegen Mitglieder Codecas angeprangert – 19 wurden in den vergangenen Jahren ermordet, keiner der Fälle wurde bislang aufgeklärt.
Gegen die in weiten Teilen des Landes privatisierte Stromversorgung und die damit verbundenen hohen Preise kämpft die Organisation seit Jahren. Am Donnerstag wurde diesbezüglich ein Gesetzentwurf vorgestellt. Die Abgeordnete Vicenta Jerónimo der linken Bewegung für die Befreiung der Völker (MLP) will ihn ins Parlament einbringen. Den Kampf auf der Straße setzt die Organisation seit einigen Jahren auch in der Volksvertretung fort. Ende 2018 wurde dafür von Codeca die MLP »als Instrument der sozialen Bewegungen« gegründet. Bei den Präsidentschaftswahlen 2019 konnte sie mit dem vierten Platz und über zehn Prozent der Stimmen für ihre Kandidatin Thelma Cabrera einen Überraschungserfolg verbuchen.
Der mächtige Unternehmerverband CACIF hatte ungehalten auf die Ankündigung der Proteste reagiert. Nur wenige Stunden nachdem Vertreter von Codeca am Montag morgen die Aktionen bekanntgaben, erklärte der Verband, die Regierung müsse »entsprechende Maßnahmen ergreifen, um zu garantieren, dass die Guatemalteken durch die Proteste in dieser Woche nicht verletzt werden (…) Die Regierung hat das Recht auf Gesundheit, Arbeit, Fortbewegung und Handel zu garantieren«.
Mauro Vay Gonón, Mitbegründer und Generalkoordinator von Codeca, gab sich daraufhin kämpferisch: »Wenn die Regierung unser Demonstrationsrecht einschränkt, werden wir von den Gemeinden aus das ganze Land lahmlegen«, so Vay Gonón in einer in sozialen Netzwerken verbreiteten Stellungnahme.
Im Anschluss an die Proteste zeigte sich Vay Gonón gegenüber junge Welt zufrieden. »Es ist gelungen, eine große, friedliche Demonstration im Zentrum der Hauptstadt durchzuführen. Die Busse aus den Gemeinden, die am Mittwoch gestoppt wurden, konnten zumindest Repräsentanten zur Demonstration schicken. Der Verweis auf die Coronaschutzmaßnahmen war ein Vorwand, um unsere Demonstration zu behindern.«
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