Landsknechtnationen
Von Arnold Schölzel
Vor einem Jahr presste Donald Trump Diplomaten und Militär zum Abkommen mit den afghanischen Taliban: »Bring our boys home« – bis zum 30. April 2021 sollte das geschehen sein. Von den »endlosen Kriegen« der USA und ihrer Verbündeten haben nicht nur die Anhänger des inzwischen abgewählten US-Präsidenten die Nase voll, sondern so ziemlich alle in den Ländern des Westens. Das ist nicht einer erstarkten Friedensbewegung zu verdanken, sondern jener Ideologie der »White Supremacy«, in deren Zeichen der »Krieg gegen den Terror« vor fast 20 Jahren begann. Sie blüht in ihren Ursprungsländern auf. Der Staatsterror, den sie befeuert, schlägt längst, wie die USA oder auch die Bundesrepublik mit den Attentaten von Kassel, Halle und Hanau zeigen, an der »Heimatfront« durch. Wer Millionen Menschen von Afghanistan bis Afrika eigenen Bombern, Kampfhubschraubern und Panzerfahrzeugen preisgibt, verlangt auch zu Hause mindestens Gleichgültigkeit.
An dieser Abstumpfung aus Arroganz, Überlegenheits- und Größenwahn ändert sich nichts, wenn Trump, deren besonders bizarre Verkörperung, den Krieg nicht beenden, sondern nur die eigenen Truppen abziehen will: Das Land ist verelendet, die Bevölkerung korrupten Marionetten ausgeliefert. Der von außen wohldosiert immer wieder angeheizte Bürgerkrieg ist eine preisgünstige Herrschaftsvariante. Das zeigen die Modelle Irak, Syrien, Libyen und fast ganz Westafrika: Dort kann sich nichts ernsthaft Unbotmäßiges mehr tun.
Trumps Nachfolger Joseph Biden überlegt noch, ob er sich an die Vereinbarung mit den Taliban halten soll, wird aber wahrscheinlich den Stichtag 30. April einhalten. Das Resultat für die Landsknechtnationen, die mit an den Hindukusch zogen: Sie können, wenn sie wollen, die Kastanien aus dem Feuer holen, d. h. im Lande bleiben und sich den Aufständischen stellen. Mit den Millionen Flüchtlingen, die sich dem jahrzehntelangen Abschlachten entziehen wollen, haben die USA ohnehin nichts zu tun, nur ihre europäischen »Verbündeten«.
Es entspricht dem Grad an Blindheit, der die deutsche Außen- und Militärpolitik generell kennzeichnet, wenn nun die Afghanistan-Kriegsparteien von 2001 einhellig zur Verlängerung des Bundeswehr-Mandats, das bis Ende März gilt, aufrufen – vom unseligen Heiko Maas über den kriegsgeilen außenpolitischen Sprecher der Grünen, Omid Nouripour (»Afghanen mit Taliban nicht alleine lassen«), bis zur unsäglichen Annegret Kramp-Karrenbauer, die zum geplanten Abzug der USA aus Afghanistan nur sagt: »Wir müssten den Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten im Einsatz weiter verstärken.« Die dpa-Meldung vom Sonntag, die NATO werde den Krieg »vorerst fortsetzen«, fasst die neue Arbeitsteilung zwischen USA und Westeuropäern nur zusammen: Wir fangen die Kriege an, ihr müsst sie nicht beenden. Es bedeutet die Erklärung von Terror in Permanenz – anderswo, vor allem aber hier.
Leserbriefe zu diesem Artikel:
- Wilfried Schubert, Güstrow: Wahre Werte Der einstige Bundespräsident Horst Köhler und der SPD-Politiker Peter Struck wussten genau, warum die deutschen Interessen am Hindukusch verteidigt werden. Daran ändert auch nichts, dass auf Befehl de...
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vom 15.02.2021