Rütteln an ARD-Kleinstaaterei

Die Kleinteiligkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Stichwort »Grundversorgung«) ist teuer und hat anscheinend Erbhöfe geschaffen. Daran zu rütteln ruft entsprechende Reaktionen hervor. Nun hat sich der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Kai Gniffke, für eine weitgehende Zusammenarbeit seines Senders mit dem benachbarten Saarländischen Rundfunk (SR) ausgesprochen. »Wir können sehr viel intensiver miteinander kooperieren«, sagte Gniffke über die beiden öffentlich-rechtlichen ARD-Anstalten in einem Interview des Branchendienstes dwdl.de vom Dienstag. Der scheidende SR-Intendant Thomas Kleist lehnte den Vorstoß umgehend ab. »Ich weise die Überlegungen meines SWR-Kollegen entschieden zurück«, sagte er auf dpa-Anfrage. »Kooperation hört dort auf, wo die Souveränität der Landesrundfunkanstalt angetastet wird.«
Nun stellt sich die Frage: Geht es um Souveränität, obwohl die Anstalten noch nie deckungsgleich mit jeweils einem Bundesland waren? Wohl kaum. Eher um mehr Effizienz. »Ich sehe zwei Sender, die füreinander bestimmt sind«, argumentierte denn auch Gniffke. In der aktuellen Diskussion um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei er überzeugt, »dass es Zeit wird, Dinge zu denken, die bislang unvorstellbar gewesen wären«. Mit seinem Kollegen Kleist habe er informell darüber gesprochen, so Gniffke. Denkbar seien etwa senderübergreifende Strukturen zwischen SWR und SR auf der Ebene der Direktionen. Dies könne sich zum Beispiel auf Produktion und Verwaltung beziehen. Auch in der gemeinsamen Werbevermarktung lägen erhebliche Potentiale.
Kleist entgegnete: »Der SR wird weder Direktionen zur Disposition stellen, noch Strukturen des SWR übernehmen.« Die Eigenständigkeit aller Landesrundfunkanstalten beruhe eben nicht nur auf der Programmautonomie, sondern auch auf gut funktionierenden, eigenen Strukturen. Vor allem der SR habe weitere Kooperationen immer wieder vorangetrieben.
Zu einer vollständigen Fusion der zwei Anstalten äußerte sich Gniffke zurückhaltend. Der SWR kenne aus seiner Geschichte die Mühen einer Fusion. Er entstand Ende der 90er Jahre aus einem Zusammenschluss. »Das heißt nicht, dass ich für immer und ewig eine Fusion ausschließen würde, aber ich weiß, wie schwer sie sind und wie viele Jahre sie dauern«, so der SWR-Intendant. Auch der Erbhof »Programmautonomie« solle nicht angetastet werden. Begründung: Es gehe um eine klare Identität der Bundesländer. (dpa/jW)
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