Trend der Geschichte
Von Simon Zeise
Nur noch wenige Tage sind es, bis Joseph Biden die Amtsgeschäfte des US-Präsidenten übernehmen wird. Der aggressive Kurs gegen China dürfte sich jedoch nur in Nuancen ändern. Die Vereinigten Staaten würden »mit China konkurrieren und Chinas Regierung für ihre Missbräuche in den Bereichen Handel, Technologie, Menschenrechte und anderen Bereichen zur Rechenschaft ziehen«, erklärte Biden am vergangenen Montag. Im Gegensatz zu Trump wolle er die Ziele der US-Regierung aber in einer »Koalition gleichgesinnter Partner und Verbündeter« verfolgen.
Der orange Mann im Weißen Haus führte sich in den vergangenen Wochen noch einmal auf wie ein Elefant im Porzellanladen: Im November erließ Trump ein Dekret, das weitreichende Sanktionen gegen Firmen und Personen aus der Volksrepublik vorsieht. Diese würden die US-Märkte »ausbeuten« und »kommunistische chinesische Militärkonzerne« finanzieren. Im Dezember unterzeichnete Trump den »Holding Foreign Companies Accountable Act«, eine Maßnahme, nach der börsennotierte Unternehmen nachweisen müssen, dass sie nicht im Besitz ausländischer Regierungen sind oder von diesen kontrolliert werden. Am vergangenen Donnerstag kündigte die New Yorker Börse an, die drei Aktiengesellschaften »China Unicom Hong Kong«, »China Mobile«, und »China Telecom« vom Handel auszuschließen.
In Beijing ist man mit der Geduld am Ende. Außenminister Wang Yi sagte am Sonnabend in einem Interview mit mehreren chinesischen Medien, die sino-US-amerikanischen Beziehungen stünden an einer »neuen Wegscheide«. Die Vereinigten Staaten müssten das vom chinesischen Volk gewählte Sozialsystem, den Entwicklungspfad und dessen legitime Rechte auf ein besseres Leben respektieren. In Richtung Washington erklärte Wang, der beste Weg, um einen Vorsprung zu halten, bestünde in der »ständigen Selbstverbesserung« und nicht in der »Blockierung der Entwicklung anderer«. Entwicklungsperspektiven seien nötig, die dem Trend der Geschichte entsprächen. Entgegen der in Brüssel und Berlin vertretenen Staatsräson seien China und die EU keine »systemischen Rivalen«, sondern »strategische Partner«, schloss Wang.
Das deutsche Kapital schaltet bei solchen Sätzen auf Durchzug. Mitte Dezember hatte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) die Bertelsmann-Stiftung Szenarien des Scheiterns des chinesischen Wirtschaftsplans »Made in China 2025« durchspielen lassen. Nur wenn es Beijing nicht gelinge, die darin vorgesehene Industrialisierung des heimischen Maschinenbaus voranzutreiben, lockten weiterhin hohe Exportprofite für den VDMA. Könne China weiterhin in Abhängigkeit gehalten werden, sei im besten Fall bis 2030 ein jährliches Handelsvolumen von 34 Milliarden Euro möglich. Jedoch: »Es sieht nicht so aus, als würde China daran scheitern«, schätzt die Bertelsmann-Stiftung. Der Gaul der Geschichte des Westens hinkt.
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