Favorit siegt in Portugal
Von Carmela Negrete
Die sozialdemokratisch orientierte Sozialistische Partei (PS) hat bei der Parlamentswahl in Portugal die absolute Mehrheit verpasst. 36,6 Prozent der abgegebenen Stimmen entfielen auf die Partei des Ministerpräsidenten António Luis Santos da Costa. Damit steht fest, dass der PS auch in Zukunft nicht alleine regieren kann, für die mit 116 Parlamentssitzen gegebene Mehrheit fehlen ihm zehn Mandate. Costa, der schon im voraus angekündigt hatte, wieder eine Minderheitsregierung stellen zu wollen, reicht dafür nun die Unterstützung nur einer Partei. An der Abstimmung beteiligte sich etwa die Hälfte der 10,7 Millionen wahlberechtigten Portugiesen, mehr als 45 Prozent blieben ihr fern.
Nach Bekanntgabe des Ergebnisses erklärte der alte und voraussichtlich neue Ministerpräsident in der Wahlnacht: »Die Portugiesen wünschen sich eine Weiterführung der gegenwärtigen politischen Lösung, jetzt jedoch mit einem stärkeren PS«. In der letzten Legislaturperiode hatte Costa an der Spitze einer Minderheitsregierung gestanden, die auf die Stimmen des Linksblocks (BE), der Kommunistischen Partei (PCP) und der Grünen (PEV) angewiesen war. Der Linksblock, der etwas weniger Stimmen als vor vier Jahren auf sich vereinen konnte, wird auch im nächsten Parlament mit 19 Abgeordneten vertreten sein. Das Wahlbündnis CDU (Demokratische Einheitskoalition) aus Kommunisten und Grünen rutschte von 8,2 auf 6,7 Prozent der Stimmen ab und schickt nur noch zwölf Parlamentarier nach Lissabon. Als weitere potentielle Partner kommen die Tierschutzpartei PAN, die vier Mandate gewinnen konnte, sowie die linke und grüne »Livre« in Frage, die zum ersten Mal einen Abgeordneten im Parlament stellen wird.
Eine einfache Fortführung der PS-Minderheitsregierung ist jedoch keineswegs gesichert – auch weil die Linksparteien weitgehende Forderungen an den PS stellen. So erklärte die BE-Vorsitzende Catarina Soaren Martins noch in der Wahlnacht, ihre Partei strebe statt dessen eine Regelung an, nach der jährlich anhand der Fortschritte über die Unterstützung für eine PS-Regierung abgestimmt werden soll. Der Linksblock fordert eine Erhöhung des Mindestlohns von im Moment 600 auf 800 Euro im Monat sowie mehr Personal im Gesundheitswesen. Die Kommunisten des PCP gehen noch weiter und fordern einen Anstieg auf monatlich 850 Euro Mindestlohn. Zudem sollen die im Zuge der Arbeitsreform verfügten Maßnahmen, die während der Finanzkrise von der sogenannten Troika angeordnet worden waren, wieder abgeschafft, die Banken verstaatlicht und die Privatisierung von Gesundheitsversorgung und Bildungswesen zurückgenommen werden.
Wie von den Umfragen vorhergesagt, mussten die rechten Parteien am Sonntag eine Niederlage einstecken, auch wenn diese nicht ganz so verheerend ausfiel wie erwartet. 2015 hatte das konservative Wahlbündnis aus PSD und CDS noch 107 Mandate gewinnen können. Nun, wo beide Parteien unabhängig voneinander antraten, kamen sie zusammen nur noch auf 82 Sitze, der PSD fuhr mit 28 Prozent der Stimmen das schlechteste Ergebnis seit 1983 ein.
Zum ersten Mal schaffte es die extreme Rechte ins Parlament: Der ehemalige PSD-Abgeordnete und Anwalt André Ventura wird die von ihm im April gegründete Partei »Chega!« (Es reicht!) in Lissabon vertreten. Zwar versucht »Chega!«, sich ein modernes Image zu verpassen, indem die Partei zum Beispiel das Recht auf Abtreibung verteidigt oder die Legalisierung der Prostitution fordert. Gleichzeitig hetzen die Rechten, die 1,3 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnten, jedoch gegen Roma und strengen Bündnisse mit ausgewiesenen Faschisten wie der spanischen »Vox« an. Hierzu passt die Forderung nach einer radikalen Liberalisierung der Wirtschaft.
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