Streit um Exhumierung
Von Carmela Negrete
Die Gebeine des ehemaligen Diktators Francisco Franco (1892–1975) dürfen laut einem Urteil des Obersten Gerichts Spaniens vom Dienstag exhumiert und aus dem Mausoleum im »Tal der Gefallenen« entfernt werden. Der Faschist Franco hatte sich das Monument von Zwangsarbeitern errichten lassen, das heute mit den sterblichen Überresten von Hunderten Oppositionellen das größte Massengrab Spaniens ist. Der amtierende Ministerpräsident Pedro Sánchez von der sozialdemokratischen Partei PSOE hat noch am selben Tag den spanischen Parlamentswahlkampf in seiner Ansprache bei den Vereinten Nationen in New York eröffnet. Mit der Umbettung Francos werde, so Sánchez, »ein dunkles Kapitel unserer Geschichte« abgeschlossen. Cristina Fallarás von der linksliberalen Público sieht darin hingegen nur Heuchelei und billige Wahlwerbung für die Sozialdemokraten: »Die PSOE hat 22 Jahre regiert«, so die Journalistin, und »die Verbrecher der Diktatur und des Übergangs zur Demokratie (Transición) sind immer noch frei, sie tragen ihre Auszeichnungen und haben wichtige Posten in der öffentlichen Verwaltung, teilweise wurden sie sogar von der sozialdemokratischen Regierungen ernannt«.
Der Chef der postfaschistischen Volkspartei (PP), Pablo Casado, erklärte, dass das Mausoleum für die Spanier längst kein Thema mehr sei. Ihn persönlich kümmerten vielmehr »die lebenden Diktatoren als die toten«, äußerte er am Dienstag gegenüber dem Radiosender Onda Cero. Er würde »keinen Euro« für die Exhumierung ausgeben. Das ist auch nicht verwunderlich, schließlich wurde seine Partei von Franco-Ministern gegründet, die wie beispielsweise Manuel Fraga bis vor wenigen Jahren noch im Amt waren. Die PP hat nie die Verbrechen der faschistischen Diktatur verurteilt und ließ mit öffentlichen Geldern eine Stiftung »Francisco Franco« aufzubauen. Ihre ultrarechte Parteiabspaltung Vox spricht von einer »Schändung« des Grabes von Franco und forderte die in der Hauptstadt mit ihrer Unterstützung regierende Koalition aus PP und rechtsliberalen Ciudadanos auf, die Exhumierung zu verhindern.
Die Vereinigte Linke (IU) begrüßte die Entscheidung des Obersten Gerichts und schlug vor, das Monument »in einen Ort der Erinnerung umzuwandeln«. Man solle dort die »Verbrechen des Franquismus erklären, das Leid der Opfer in den Konzentrationslagern, die grausame Arbeit«, sowie »die Verbindung zu den großen Unternehmen und die Rolle der katholischen Kirche«. Die Kirche hat allerdings kein Interesse an dieser Aufarbeitung, wobei ihre Verstrickungen mit der Diktatur gewaltig waren. Bislang sind immer noch Hunderte von Fällen von Kindesentführung unaufgeklärt, bei denen die katholische Kirche eine wichtige Rolle spielte. Immerhin hat der Vatikan angekündigt, keinen Widerspruch gegen die Entscheidung des Obersten Gerichtes des säkularen Landes einlegen zu wollen, so ein Sprecher in Rom gegenüber der regierungsnahen spanischen Tageszeitung El País. Denn das Grab Francos befindet sich innerhalb einer Kirche, somit ist die Zustimmung katholischer Autoritäten nötig.
Es ist nun geplant, dass die Gebeine des Faschisten auf einen öffentlichen Friedhof in dem Viertel El Pardo im Norden Madrids umgebettet werden. Dort sind auch seine Familie und anderes Führungspersonal der Diktatur beigesetzt. Für die Opfer der Diktatur sei es allerdings »unsinnig« und »absurd«, so Emilio Silva, Präsident der Vereinigung zur Wiedererlangung des historischen Gedächtnisses (ARMH) gegenüber dem Nachrichtenportal eldiario.es, dass »eine Demokratie das Grab eines Diktators weiterhin mit öffentlichen Mitteln pflegt«.
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