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Leserbrief zum Artikel Ramelow gescheitert: Tabubruch in Erfurt vom 06.02.2020:

Das Lied vom Klassenfeind

Jetzt lecken sich alle die Wunden, die echten und die angemalten. Man redet vom Tabubruch, aber ich weiß nicht, welches Tabu das sein sollte. Hat Die Linke wirklich geglaubt, eine AfD würde nicht gegen sie verwendet, wenn es an der Zeit ist? Wussten nicht alle, dass diese »Demokratie« genau solche Möglichkeiten enthält, um im geeigneten Falle die Notbremse zu ziehen? Das Gejammer um einen Tabubruch verdeckt nur die eigene Naivität. Als 1923 in Thüringen und Sachsen SPD und KPD koalierten, marschierte die Reichswehr in Sachsen ein und jagte dort die »Einheitsfront« aus dem Amt. In Thüringen trat das Kabinett »freiwillig« zurück. 1930 waren dann dort zum ersten Mal Nazis an einer Regierung beteiligt. Der braune Staatsminister Wilhelm Frick wurde 1946 in Nürnberg gehängt. Heute reicht für die erste Etappe die AfD, die sich schon selbstbewusst als der neue rechte Flügel der CDU geriert. Alles schon vergessen? 1933 saßen plötzlich SPD- und KPD- Genossen gemeinsam auf der Pritsche im KZ, obwohl die SPD so tat, als hätte sie mit der KPD rein gar nichts zu tun, und die KPD die SPD als Sozialfaschisten bezeichnete. Das hat beiden nichts genutzt. Die Reste der Weimarer Demokratie kamen unter die Stiefel der Nazis. Auch in Thüringen wird der Regen nicht plötzlich nach oben fließen. Es ist Zeit, sich Bertolt Brechts »Lied vom Klassenfeind« ins Gedächtnis zu rufen: »Wenn wir das kleinere Übel tragen, dann würd’ uns das größere geschenkt.« Das wird auch heute nicht geschehen, denn der Riss verläuft noch immer zwischen oben und unten.
Dr. Günter Pelzl, Hennigsdorf
Veröffentlicht in der jungen Welt am 06.02.2020.
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