Leserbrief zum Artikel Rat der Turkvölker diplomatisch in Ungarn vertreten
vom 14.11.2019:
Nicht pseudowissenschaftlich
Ich teile die Besorgnis angesichts dieser merkwürdigen Nachricht. In anderen Zeiten hätte ich diese Art von Beitrag zur Völkerverständigung als ein gutes Zeichen angesehen, aber im aktuellen Klima ist das äußerst verdächtig.
Allerdings: Es ist problematisch, von »pseudowissenschaftlichen Theorien, die eine Verwandtschaft zwischen der ungarischen Sprache und den Turksprachen postulieren«, zu sprechen. Sprachwissenschaftliche Verwandtschaft im engeren Sinne bedeutet, eine gemeinsame Ursprache zu haben. In diesem sehr engen Sinne sind Ungarisch und die Turksprachen tatsächlich nicht (»genetisch«) verwandt.
Es gibt aber auch einen viel weiteren Verwandtschaftsbegriff von Sprachen, der auch die starke gegenseitige Beeinflussung benachbarter Sprachen mit einbezieht. Alle europäischen Sprachen sind in diesem Sinne miteinander verwandt. Viele haben parallel ungefähr zur selben Zeit (meist aus Demonstrativpronomen) bestimmte Artikel ausgebildet. Später haben sie parallel zusammengesetzte Vergangenheitsformen entwickelt, die mit sein und/oder haben gebildet werden. Das sind jeweils Moden, die sich allmählich über eine Region ausbreiten. Grenzen zwischen Sprachfamilien sind dabei ein Hindernis (z. B. sind die bestimmten Artikel nie in den slawischen Sprachen angekommen), aber kein unüberwindbares (z. B. hat das Tschechische neuerdings eine zusammengesetzte Vergangenheitsform mit sein). Eine Gemeinschaft von teils nicht verwandten Sprachen, die rege Vokabeln und grammatische Phänomene austauschen, nennt man Sprachbund. Bekannt ist vor allem der Balkan-Sprachbund.
Ungarisch ist genetisch mit Finnisch und Estnisch verwandt, aber wohl nicht mit Turksprachen. Aber es wurde im altaischen Sprachbund in einer asiatischen Ebene zusammen mit Türkisch geprägt (ohne Finnisch/Estnisch). Aus dieser Zeit gibt es viele offensichtliche Gemeinsamkeiten in Grammatik und Wortschatz. Das ist etabliertes linguistisches Wissen. Umstritten ist nur das Postulat einer gemeinsamen altaischen Ursprache.
Allerdings: Es ist problematisch, von »pseudowissenschaftlichen Theorien, die eine Verwandtschaft zwischen der ungarischen Sprache und den Turksprachen postulieren«, zu sprechen. Sprachwissenschaftliche Verwandtschaft im engeren Sinne bedeutet, eine gemeinsame Ursprache zu haben. In diesem sehr engen Sinne sind Ungarisch und die Turksprachen tatsächlich nicht (»genetisch«) verwandt.
Es gibt aber auch einen viel weiteren Verwandtschaftsbegriff von Sprachen, der auch die starke gegenseitige Beeinflussung benachbarter Sprachen mit einbezieht. Alle europäischen Sprachen sind in diesem Sinne miteinander verwandt. Viele haben parallel ungefähr zur selben Zeit (meist aus Demonstrativpronomen) bestimmte Artikel ausgebildet. Später haben sie parallel zusammengesetzte Vergangenheitsformen entwickelt, die mit sein und/oder haben gebildet werden. Das sind jeweils Moden, die sich allmählich über eine Region ausbreiten. Grenzen zwischen Sprachfamilien sind dabei ein Hindernis (z. B. sind die bestimmten Artikel nie in den slawischen Sprachen angekommen), aber kein unüberwindbares (z. B. hat das Tschechische neuerdings eine zusammengesetzte Vergangenheitsform mit sein). Eine Gemeinschaft von teils nicht verwandten Sprachen, die rege Vokabeln und grammatische Phänomene austauschen, nennt man Sprachbund. Bekannt ist vor allem der Balkan-Sprachbund.
Ungarisch ist genetisch mit Finnisch und Estnisch verwandt, aber wohl nicht mit Turksprachen. Aber es wurde im altaischen Sprachbund in einer asiatischen Ebene zusammen mit Türkisch geprägt (ohne Finnisch/Estnisch). Aus dieser Zeit gibt es viele offensichtliche Gemeinsamkeiten in Grammatik und Wortschatz. Das ist etabliertes linguistisches Wissen. Umstritten ist nur das Postulat einer gemeinsamen altaischen Ursprache.