Leserbrief zum Artikel Deutsche Zustände: Der Geist der Nation
vom 19.09.2018:
Wer verachtet wen?
Verstehen heißt für die Autoren offenbar nicht, den Fehler zu kapieren, den es braucht, um Migranten für alle Ärgernisse des kapitalistischen Alltags verantwortlich zu machen, sondern Verständnis für ihn aufzubringen: Die »arbeiterlichen Schichten« mit ihren »berechtigten Sorgen« und ihrer »prekären Lage« würden doch nur von »Nationalisten und Rassisten instrumentalisiert«, die sich »an die Spitze solcher Demonstrationen setzen«.
Und wer verachtet jetzt hier wen? Ich halte jedenfalls Leute, die mit der Parole »Ausländer raus!« oder »Wir sind das Volk« antreten, nicht für so dumm, dass sie nicht wüssten, wofür sie da demonstrieren. Auch halte ich diese »kleinen Leute« nicht für eine orientierungslose Schafherde, die auf der Suche nach Führung herumirrt und nur deswegen dem nächstbesten rechten Arschloch hinterherläuft, weil keine verständnisvolle linke Führung ihre Ressentiments aufgreift und ihnen »Perspektiven« verkauft, hinter denen sie lieber herlaufen sollten.
Ich nehme die Leute, die in Chemnitz, Köthen und sonstwo aufmarschieren, lieber ernst und beim Wort, weswegen ich ihnen den Fehler ihrer Ausländerfeindschaft vorrechne und sie, wenn schon zu etwas, dazu gewinnen will, ihn zu lassen. Eine Auseinandersetzung darüber bietet die Gegenstandpunkt-Redaktion in den nächsten Wochen in vielen Städten an, Infos dazu unter www.gegenstandpunkt.com/veranstaltungen.