Leserbrief zum Artikel 50 Jahre »Prager Frühling«: Keine angenehme Wahl
vom 21.08.2018:
Kapitalismus mit menschlichem Antlitz?
Viel wird über den »Prager Frühling« gesprochen. In höchsten Tönen wird über einen »Sozialismus mit menschlichem Antlitz« geredet, Reformkommunisten werden gepriesen. 1968 wurde in Bonn z. B. eine Goldmünze gefertigt mit dem Bildnis Dubceks. Verwunderung herrscht schon über diese Sympathie für die »sozialistische Ordnung« in der CSSR. (Seit 1956 und noch immer besteht übrigens ein KPD-Verbot in der BRD).
»Sozialismus mit menschlichen Antlitz« – was verbirgt sich dahinter? Hier ein offenes Geständnis eines Ota Sik: Berühmt wurde er als der Schöpfer der Wirtschaftsreformen des Prager Frühlings, die auch unter der Bezeichnung »Der dritte Weg« bekannt wurden.
Die von Ota Siks Team in der Akademie der Wissenschaften konzipierte Wirtschaftsreform ist am stärksten ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen. Der 1968 in die Schweiz emigrierte Sik erklärte Jahre später freimütig, dass das Ziel dieser Reform von Anfang an die Restauration des Kapitalismus in der Tschechoslowakei gewesen sei: »Wir, der Kern der ökonomischen Reformer, versuchten in Prag damals eben nicht, den Kommunismus zu reformieren. Unser eigentliches Ziel war, ihn abzuschaffen und ein neues System aufzubauen. Man hat zwar immer von der Reform hin zu einer sozialistischen Demokratie oder sozialistischen Marktwirtschaft sprechen müssen, weil man sonst überhaupt nicht an die Öffentlichkeit gelangt wäre. (…) Wir konnten nicht öffentlich von der Notwendigkeit großer privater Unternehmungen sprechen. Auch während des Prager Frühlings ließ die damalige politische Führung das nicht zu.« (Interview mit Ota Sik: »Wer will denn heute den Mischmasch aus Plan und Markt?«, Die Welt, 5.11.1990)
Worum es in der Tschechoslowakei im Jahre 1968 ging.: Es ging schlicht um Regime-Change (Regimewechsel), wie man es heute nennen würde. 1989/90 erfolgte ein Systemwechsel, und man beeilte sich, in die NATO einzutreten. Vergessen die Parole: »Wenn ein Land einem anderen die Freiheit bringen will, kann es niemals selber frei sein ...«
Tschechische Soldaten sind zur Zeit im Rahmen der NATO-Missionen im Kosovo, in Bosnien und Herzegowina, im Irak sowie in Afghanistan im Einsatz. Nichts gelernt, sollte man meinen.
Doch vorher zeigten die neuen Herren, was sie von der Bevölkerung hielten: Das Land wurde zweigeteilt (1. Januar 1993: in Tschechien und die Slowakei). Die Bevölkerung wollte die Trennung mehrheitlich nicht, sie erfolgte dennoch. So funktioniert also der »Kapitalismus mit menschlichem Antlitz«!
Dennoch: Wie können »KPs« sich so offen für eine Marktwirtschaft einsetzen? Auch wenn sie »sozialistisch« genannt wird? Schauen wir nur mal nach China: Dort sitzen Milliardäre und angebliche Werktätige zusammen in der Partei. Ein Unding, aber es gibt Leute, die verteidigen das.
»Sozialismus mit menschlichen Antlitz« – was verbirgt sich dahinter? Hier ein offenes Geständnis eines Ota Sik: Berühmt wurde er als der Schöpfer der Wirtschaftsreformen des Prager Frühlings, die auch unter der Bezeichnung »Der dritte Weg« bekannt wurden.
Die von Ota Siks Team in der Akademie der Wissenschaften konzipierte Wirtschaftsreform ist am stärksten ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen. Der 1968 in die Schweiz emigrierte Sik erklärte Jahre später freimütig, dass das Ziel dieser Reform von Anfang an die Restauration des Kapitalismus in der Tschechoslowakei gewesen sei: »Wir, der Kern der ökonomischen Reformer, versuchten in Prag damals eben nicht, den Kommunismus zu reformieren. Unser eigentliches Ziel war, ihn abzuschaffen und ein neues System aufzubauen. Man hat zwar immer von der Reform hin zu einer sozialistischen Demokratie oder sozialistischen Marktwirtschaft sprechen müssen, weil man sonst überhaupt nicht an die Öffentlichkeit gelangt wäre. (…) Wir konnten nicht öffentlich von der Notwendigkeit großer privater Unternehmungen sprechen. Auch während des Prager Frühlings ließ die damalige politische Führung das nicht zu.« (Interview mit Ota Sik: »Wer will denn heute den Mischmasch aus Plan und Markt?«, Die Welt, 5.11.1990)
Worum es in der Tschechoslowakei im Jahre 1968 ging.: Es ging schlicht um Regime-Change (Regimewechsel), wie man es heute nennen würde. 1989/90 erfolgte ein Systemwechsel, und man beeilte sich, in die NATO einzutreten. Vergessen die Parole: »Wenn ein Land einem anderen die Freiheit bringen will, kann es niemals selber frei sein ...«
Tschechische Soldaten sind zur Zeit im Rahmen der NATO-Missionen im Kosovo, in Bosnien und Herzegowina, im Irak sowie in Afghanistan im Einsatz. Nichts gelernt, sollte man meinen.
Doch vorher zeigten die neuen Herren, was sie von der Bevölkerung hielten: Das Land wurde zweigeteilt (1. Januar 1993: in Tschechien und die Slowakei). Die Bevölkerung wollte die Trennung mehrheitlich nicht, sie erfolgte dennoch. So funktioniert also der »Kapitalismus mit menschlichem Antlitz«!
Dennoch: Wie können »KPs« sich so offen für eine Marktwirtschaft einsetzen? Auch wenn sie »sozialistisch« genannt wird? Schauen wir nur mal nach China: Dort sitzen Milliardäre und angebliche Werktätige zusammen in der Partei. Ein Unding, aber es gibt Leute, die verteidigen das.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 03.09.2018.