Leserbrief zum Artikel Sowjetunion: Verlorene Illusionen
vom 04.08.2018:
Fass ist übergelaufen
Eigentlich wollte ich zu diesem pseudointellektuellen Machwerk (...) eine längere Entgegnung schreiben. Aber dann wurde mir klar, dass dies vollkommen verlorene Mühe wäre. Denn dank dieses Artikels habe ich tatsächlich die letzten Illusionen verloren - und zwar jene gegenüber der jungen Welt.
Ihr seid nicht einmal mehr zur Taz, sondern vollends zur FAZ verkommen, denn nur dort würde ein derartiges Unsinn hingehören:
»Solche Zitate, deren absolute Tagesgebundenheit auf der Hand liegt, sind einerseits eine falsche Ontologisierung des Faktischen und zunächst einmal Zufälligen: Was eingetreten ist, ist zwangsläufig so und muss deshalb so sein. Das war, philosophisch betrachtet, Rechtshegelianismus, mit Blick auf das Publikum, das von Hegel keine Ahnung gehabt haben dürfte, vermutlich aber vor allem der Beweisversuch, dass nichts die Partei überraschen könne. Widersprüche wie diese wecken auch Zweifel an Ausführungen in ›Staat und Revolution‹, in denen Lenin die nachrevolutionäre Gewalt als auf ein Minimum beschränkt beschrieben hatte. Entweder war auch das taktisch gemeint gewesen – und insofern nicht ernst –, um den Widerstand in der eigenen Partei und die nachvollziehbare Skepsis der Bevölkerung gegen eine unweigerlich gewaltsame Auseinandersetzung zu verringern; oder es stellt den prognostischen Fähigkeiten Lenins ein schwaches Zeugnis aus.«
Lenin ist also ein »Rechtshegelianer« bzw. ein rein taktischer, »durchweg tagespolitisch kolorierter« Populist gewesen!
Lauterbachs notorische Aversion gegen Lenin, sein Versuch, ihn als größten und bedeutendsten Theoretiker und Praktiker des Marxismus »loszuwerden«, verbunden mit der Unfähigkeit (oder besser: bewussten Unwilligkeit), Theoretisches von Tagesaktuellem zu unterscheiden, (...) sind primitivste bürgerliche Propaganda. Aber natürlich, wenn es nach – sich »intellektuelle Edelfedern« wähnenden – Schreibern wie Herrn Lauterbach geht, dann sind Werke wie »Staat und Revolution«, die »Philosophischen Hefte«, die Imperialismus-Studien und Dutzende hervorragende Schriften mehr selbstverständlich nichts als »tagesgebunden« Dahingeschriebenes, wahlweise um die »dummen Massen« zu »täuschen«, die »Partei« zu »rechtfertigen«, den »Mangel an prognostischen Fähigkeiten« zu »verschleiern« oder eben einfach das zu betreiben, was der messerscharfe Verstand des Herrn Lauterbach als »Rechtshegelianismus« durchschaut hat. Und als Nachtisch noch die ewig gleiche Legende von Lenin als wahrem Schuldigen an dem, was Stalin später verunstaltet und verbrochen hat – auch wenn es geschickt getarnt als scheinbare »gemäßigte Warnung vor allzu schnellen Schlüssen« (aber dennoch genau das erreichen soll !) in den Artikel eingebaut worden ist. (...) Ich hoffe inständig, dass die jW wegen dieses Artikels (und so vieler anderen in der letzten Zeit) von möglichst vielen weiteren Leserbriefschreibern in der heißen Sommerhitze regelrecht »gegrillt« werden wird! Für mich jedenfalls hat diese totale intellektuelle, theoretische und politische Kapitulation, dieser beispiellose Schwachsinn und Versuch der Verunglimpfung das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht (...). Es ist schon eine tragische Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet dann, wenn eine wahrhaft marxistische Tageszeitung am meisten gebraucht würde angesichts der rasenden allgemeinen Entwicklung nach rechts, diese sich in der unwürdigsten nur denkbaren Form selbst gegenstandslos und überflüssig macht!
Ihr seid nicht einmal mehr zur Taz, sondern vollends zur FAZ verkommen, denn nur dort würde ein derartiges Unsinn hingehören:
»Solche Zitate, deren absolute Tagesgebundenheit auf der Hand liegt, sind einerseits eine falsche Ontologisierung des Faktischen und zunächst einmal Zufälligen: Was eingetreten ist, ist zwangsläufig so und muss deshalb so sein. Das war, philosophisch betrachtet, Rechtshegelianismus, mit Blick auf das Publikum, das von Hegel keine Ahnung gehabt haben dürfte, vermutlich aber vor allem der Beweisversuch, dass nichts die Partei überraschen könne. Widersprüche wie diese wecken auch Zweifel an Ausführungen in ›Staat und Revolution‹, in denen Lenin die nachrevolutionäre Gewalt als auf ein Minimum beschränkt beschrieben hatte. Entweder war auch das taktisch gemeint gewesen – und insofern nicht ernst –, um den Widerstand in der eigenen Partei und die nachvollziehbare Skepsis der Bevölkerung gegen eine unweigerlich gewaltsame Auseinandersetzung zu verringern; oder es stellt den prognostischen Fähigkeiten Lenins ein schwaches Zeugnis aus.«
Lenin ist also ein »Rechtshegelianer« bzw. ein rein taktischer, »durchweg tagespolitisch kolorierter« Populist gewesen!
Lauterbachs notorische Aversion gegen Lenin, sein Versuch, ihn als größten und bedeutendsten Theoretiker und Praktiker des Marxismus »loszuwerden«, verbunden mit der Unfähigkeit (oder besser: bewussten Unwilligkeit), Theoretisches von Tagesaktuellem zu unterscheiden, (...) sind primitivste bürgerliche Propaganda. Aber natürlich, wenn es nach – sich »intellektuelle Edelfedern« wähnenden – Schreibern wie Herrn Lauterbach geht, dann sind Werke wie »Staat und Revolution«, die »Philosophischen Hefte«, die Imperialismus-Studien und Dutzende hervorragende Schriften mehr selbstverständlich nichts als »tagesgebunden« Dahingeschriebenes, wahlweise um die »dummen Massen« zu »täuschen«, die »Partei« zu »rechtfertigen«, den »Mangel an prognostischen Fähigkeiten« zu »verschleiern« oder eben einfach das zu betreiben, was der messerscharfe Verstand des Herrn Lauterbach als »Rechtshegelianismus« durchschaut hat. Und als Nachtisch noch die ewig gleiche Legende von Lenin als wahrem Schuldigen an dem, was Stalin später verunstaltet und verbrochen hat – auch wenn es geschickt getarnt als scheinbare »gemäßigte Warnung vor allzu schnellen Schlüssen« (aber dennoch genau das erreichen soll !) in den Artikel eingebaut worden ist. (...) Ich hoffe inständig, dass die jW wegen dieses Artikels (und so vieler anderen in der letzten Zeit) von möglichst vielen weiteren Leserbriefschreibern in der heißen Sommerhitze regelrecht »gegrillt« werden wird! Für mich jedenfalls hat diese totale intellektuelle, theoretische und politische Kapitulation, dieser beispiellose Schwachsinn und Versuch der Verunglimpfung das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht (...). Es ist schon eine tragische Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet dann, wenn eine wahrhaft marxistische Tageszeitung am meisten gebraucht würde angesichts der rasenden allgemeinen Entwicklung nach rechts, diese sich in der unwürdigsten nur denkbaren Form selbst gegenstandslos und überflüssig macht!
Veröffentlicht in der jungen Welt am 07.08.2018.