Witten an der Ruhr hat noch ein echtes Stahlwerk, gleich hinter dem Hauptbahnhof. Und Konzerte werden hier nicht veranstaltet, weil Industriedenkmäler umgenutzt sein wollen. Die exquisiten Wittener Tage für neue Kammermusik, 1969 gegründet, finden im mittelalterlichen Haus Witten statt, im Saalbau aus den 70er Jahren und in der Rudolf Steiner Schule (die leider aussieht wie sie heißt). Man kann es dem Leiter Harry Vogt vom WDR gar nicht hoch genug anrechnen, daß er konsequent darauf verzichtet, modische Crossover-Brücken zu schlagen, wie das etwa die MaerzMusik in Berlin tut, und Lounges einzurichten, um dem Festival-Geschehen einen coolen Event-Anstrich zu geben.

Das hat zur Folge, daß das Insider-Publikum bei dem dreitägigen Uraufführungsmarathon unter sich bleibt – und daß es eine Lokalzeitung fertigbringt, das prominenteste Kulturereignis des Jahres mit keinem Wort zu erwähnen. In Witten geht es ausschließlich um die Sache, sprich: um neue Kammermusik,...