Der Kampfwert der Musik
Mieczyslaw Weinbergs »Die Passagierin« an der Dresdner Semperoper
Kai KöhlerWarum nur dieser Hass? Lisa versteht es nicht. Die Ereignisse liegen doch schon 20 Jahre zurück, und sie war immer gut zu den Häftlingen. Nun ist sie gesellschaftlich etabliert. Ihr Mann ist zum bundesrepublikanischen Botschafter in Brasilien ernannt, und für das Paar könnte die Überfahrt per Schiff wie eine zweite Hochzeitsreise sein – wäre da nicht jene Frau, die wie Marta aussieht.
Lisa gerät in Panik. Wird nun enttarnt, dass sie Aufseherin in Auschwitz war? Marta kam damals in den Todesblock, sie kann nicht überlebt haben. Und wenn doch? Lisa gesteht ihrem Mann, wo sie während des Krieges war. Der Diplomat überwindet schnell seine moralische Empörung und sorgt sich bald nur noch um seine Karriere.
Mieczyslaw Weinbergs Oper kennt zwei Handlungsorte: das Schiff und das KZ. Beide Orte sind gegen das Außen abgeschlossen, man kann dem Feind nicht aus dem Wege gehen. Und so werden die beiden Orte im Verlauf des Abends immer mehr ineinandergeschoben, bis die K...
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