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Aus: Kapital & Monopol, Beilage der jW vom 18.12.2019
Kapital und Monopol

Gorillas und Zombies

Banken und Konzerne enteignen die lohnabhängige Bevölkerung
Von Simon Zeise
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Xueh Magrini Troll alias Xuehka hat diese Beilage illustriert. Arbeiten von ihr sind auf ­xuehka.blogspot.com zu finden

Seit 2007 befindet sich der Kapitalismus in einer tiefen Krise. Der Akkumulationsprozess stockt. Spekulanten stehen zuwenig rentable Anlagemöglichkeiten zur Verfügung. Selbst Kapitalisten geraten wegen dieser Entwicklung in Sorge. Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich monierte in ihrem Bericht für das dritte Quartal 2019: »Für das Privileg, ihr Geld loszuwerden, sind immer mehr Anleger bereit, draufzuzahlen. Selbst zum Höhepunkt der großen Finanzkrise wäre dies undenkbar gewesen. Es ist etwas beunruhigend, wenn das Undenkbare zum Normalfall wird.«

Zentralbanken versuchen durch Niedrigzinsen und Anleihenkäufe für Wachstumsimpulse zu sorgen. Doch weil Staat und Unternehmen zuwenig investieren und Löhne drücken, stagnieren die Ökonomien des Westens. Heiner Flassbeck verweist auf die vor allem in Deutschland offensiv vertretene idiotische Vorstellung von einer »Enteignung des Sparers«. Geld auf der hohen Kante haben wegen der jahrelang durchgesetzten neoliberalen Politik hauptsächlich die Unternehmen.

Die expansive Geldpolitik begünstigt Fusionen und Übernahmen. Großkonzerne – in der Finanzwelt liebevoll »Gorillas« genannt – sichern sich Monopolrenten. Sie verleiben sich hochverschuldete »Zombiefirmen« ein, die eigentlich pleite sind und nur durch günstige Kredite am Leben gehalten werden. Bereits jedes zwölfte börsennotierte Unternehmen in Deutschland gilt als scheintot. Weil auf den Finanzmärkten wenig zu holen ist, übernehmen die Gorillas selbst dann andere Firmen, wenn die erwartete Rendite sehr niedrig ausfällt. Börsennotierte Konzerne gehen dazu über, ihre eigenen ­Aktien zurückzukaufen. In den USA haben Konzerne 2019 Wertpapiere in einem Umfang von mehr als einer Billion Dollar wiedererworben und damit die Kurse künstlich in die Höhe getrieben.

Anders als der »Westen« verzeichnet China hohe Wachstumsraten. Um den Aufstieg der Volksrepublik zu verhindern, haben die USA einen Handelskrieg vom Zaun gebrochen. Christoph Scherrer legt dar, wie die Regierung von US-Präsident Donald Trump ein Stück vom chinesischen Kuchen abbeißen will.

Die Kapitalkonzentration nimmt zu. In Deutschland verfügen mittlerweile 0,5 Prozent der Konzerne über zwei Drittel der gesamten Wirtschaftskraft. Bei ihnen laufen Markt- und Finanzmacht zusammen. Diese wenigen Monopole bestimmen die Konditionen und Marktbedingungen für Zulieferer und Kunden. Ihren Konzernchefs stehen die Türen im Kanzleramt offen. Sie sind die Taktgeber der wirtschaftlichen Entwicklung. Jürgen Leibiger vermittelt einen Einblick in das Geschäftsgebaren der Großkonzerne. Lucas Zeise lüftet den Schleier der bürgerlichen Ökonomie und bringt Klarheit in den Monopolbegriff.

Die ungeheure Liquidität der Finanzmärkte hat Auswirkungen auf die Gesellschaft. Das Finanzkapital erhebt steten Anspruch auf Gewinne aus Arbeit und Boden, schreibt Cédric Durand. Der bürgerliche Staat gewährleistet die permanente Enteignung der Lohnabhängigen. Da er den Interessen des Finanzkapitals Vorrang gewährt, verhindert er profitable Investitionen. Fäulnis und Parasitismus werden ständiger Begleiter im gegenwärtigen Zeitalter der großen Rezession. Nebojsa Katic verweist darauf, dass finanzielle Probleme in einem nach dem Zweiten Weltkrieg bisher ungekannten Ausmaß zugenommen haben.

So wird »das Kapitalmonopol zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist«, wie es Karl Marx im ersten Band seiner »Kritik der politischen Ökonomie« herausgearbeitet hat. Die nach seinem Tod von Friedrich Engels erstellte Fassung des dritten Bandes des »Kapitals« erschien erstmals vor 125 Jahren in Hamburg. Klaus Müller hebt die Bedeutung des Gesetzes vom tendenziellen Fall der Profitrate hervor, das Marx seiner Leserschaft offenbart hat.

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