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Aus: Ausgabe vom 24.12.2025, Seite 15 / Antifaschismus
Faschisten attackieren Fotografen

Auftakt ohne Einlassungen

Thüringen: Neues Verfahren gegen zwei Neonazis wegen Angriffs auf Journalisten in Fretterode 2018
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Wieder auf der Anklagebank in einem Verhandlungssaal des Landgerichts (Mühlhausen, 22.12.2025)

Zu Beginn des zweiten Prozesses um einen Angriff auf zwei Journalisten in der Region Fretterode (Eichsfeld) haben die beiden Angeklagten geschwiegen. Erklärungen ihrer Mandanten werde es zunächst nicht geben, sagten die Verteidiger am Montag zum Auftakt der Revisionsverhandlung vor dem Landgericht Mühlhausen. Ob die Angeklagten zu einem späteren Zeitpunkt Angaben machen, ließen die Anwälte auch auf Nachfrage hin offen. Zuvor war die Anklage gegen die 26 und 31 Jahre alten Männer verlesen worden. Den beiden Neonazis wird vorgeworfen, im April 2018 zwei Journalisten aus Göttingen in Nordthüringen attackiert und schwer verletzt zu haben.

Die zwei Neonazis Gianluca B. und Nordulf H. sollen am 29. April 2018 zwei Reporter aus Göttingen bedroht und verfolgt haben. Am Rande eines Neonazitreffens auf dem Grundstück des damaligen Vorsitzenden der NPD (heute »Die Heimat«), Thorsten Heise, waren die Journalisten von zwei Vermummten plötzlich angegriffen worden. Einer der Journalisten wurde mit einem 50 Zentimeter langen Schraubenschlüssel und einem Messer schwer verletzt. Die Reporter flohen in ihrem Pkw, die Angreifer folgten ihnen und drängten sie in einen Graben. Die Kamera, mit der die Journalisten die Attacke dokumentierten, wurde ihnen von den Angreifern gestohlen und das Fahrzeug demoliert. Da die Speicherkarte mit dem Material gesichert werden konnte, konnten die Täter schnell identifiziert werden.

Thorsten Heise war schon damals ein wichtiger Akteur der militanten Neonaziszene. Er organisierte Treffen wie Konzerte und soll Kontakt zum Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke gepflegt haben. Auf seinem Grundstück im Dorf Fretterode im Eichsfelder Land fanden regelmäßig größere Treffen und Veranstaltungen der Szene statt. Bei einem der Angeklagten handelt es sich mutmaßlich um den Sohn des früheren NPD-Funktionärs.

Antifaschistische Rechercheure haben auf einer eigens zur Tat eingerichteten Internetseite namens »Tatort Fretterode« ihre Erkenntnisse zusammengetragen. So wie schließlich auch der Bundesgerichtshof (BGH) kritisierten die Urheber der Seite die Entscheidung des Landgerichts Mühlhausen im ersten Verfahren. Dieses »endete mit einem äußerst milden Urteil«, heißt es dort. Das politische Motiv sei ignoriert worden. »Dass die beiden Journalisten eine Kamera dabei hatten, wurde mit absurder Begründung nicht geglaubt.«

Das Landgericht Mühlhausen hatte die Männer in einem ersten Prozess 2022 für schuldig befunden, sie aber nur zu geringen Strafen verurteilt. Der BGH hatte dieses Urteil im vergangenen Jahr wegen erheblicher Rechtsfehler aufgehoben, so dass sich nun eine andere Kammer des Gerichts erneut mit dem Fall befassen muss. (dpa/jW)

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