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Aus: Ausgabe vom 18.12.2025, Seite 16 / Sport
Sportpolitik

Wer hat die Hand drauf?

Der DOSB kritisiert den Entwurf für ein neues Sportfördergesetz grundsätzlich. Er fordert mehr Verbindlichkeit und seine stärkere Einbindung
Von Andreas Müller
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Sport ist Mord: Staatsministerin Christiane Schenderlein

Von wegen besinnliche Vorweihnachtszeit: Über die künftige Steuerzentrale für den Spitzensport ist kurz vor den Festtagen ein offener Streit zwischen dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und der neuen Staatsministerin für Sport und Ehrenamt entbrannt. Der Dachverband hat am 10. Dezember zusammen mit drei Dutzend seiner Spitzenverbände fristgerecht einen Widerspruch gegen den aktuellen Entwurf des Sportfördergesetzes eingelegt. Darin wird das Papier aus dem Hause von Christiane Schenderlein (CDU), das unmittelbar nach den Winterspielen von Mailand und Cortina d’Ampezzo (6.–22.2.2026) vom Kabinett von Kanzler Friedrich Merz abgesegnet werden soll, ganz grundsätzlich angegriffen. Bemängelt wird etwa, dass in der neuesten Fassung das Wort von der »Autonomie des Sports« nicht mehr auftauche und dass »unverständlicherweise im vorliegenden Entwurf auch das grundsätzliche Bekenntnis des Bundes zur finanziellen Verantwortung für den Spitzensport« gestrichen wurde.

Letzteres ist aus Sicht des organisierten Sports ein doppeltes Unding. Erstens, weil aus Sicht der Verbände mit dem neuen Gesetz endlich verbindlich verankert werden sollte, dass Spitzensportförderung für den Staat »eine verpflichtende« statt bislang »eine freiwillige Aufgabe« ist. Zweitens sollte das Sportfördergesetz für alle Beteiligten die »notwendige Planungssicherheit« garantieren. Doch ohne Verpflichtung keine Planungssicherheit. Was in der Konsequenz befürchten lasse, »dass die Möglichkeiten einer mehrjährigen Förderung und überjährigen Planung konterkariert werden«, führt der Dachverband in seiner Widerrede aus. »Der aktuelle Entwurf bleibt hinter den gemeinsamen Vereinbarungen zurück. Daher lehnen wir ihn in seiner jetzigen Form ab«, fasst Olaf Tabor, Vorstand Leistungssport beim DOSB, zusammen.

Im Detail verlangen die Unterzeichner des Widerspruchs zum Beispiel eine verbesserte materielle und soziale Absicherung der Athleten, eine Erhöhung der Vergütungen und eine Anhebung der Förderhöchstgrenzen, um Trainerinnen und Trainer angemessen bezahlen zu können. Ein weiterer zentraler Kritikpunkt: Die Sportverbände wollen in der neuen Schaltzentrale des Spitzensports stark repräsentiert sein. Nach dem aktuellen Entwurf wären sie bloß Mauerblümchen. Die unabhängige Agentur soll 2027 ihre Arbeit aufnehmen, bis 2031 soll die Einrichtung vollständig aufgebaut, 50 Beschäftigte sollen eingestellt werden.

Zumindest das Ziel, dem die Agentur dienen soll, ist unstrittig. Ein klar geregeltes System soll her, mit weniger Bundesstützpunkten und effizienteren Kosten-Nutzen-Strukturen. Förderung soll gezielter erfolgen. Kurzum: Die neue Zentrale soll endlich liefern, was mit der sogenannten Spitzensportreform seit zehn Jahren versprochen, aber nicht erreicht wurde.

Vielleicht auch deshalb ist laut Gesetzentwurf den Sportverbänden im Stiftungsrat der Agentur nur ein Platz vorbehalten. Drei soll der Bundestag besetzen, einen die Konferenz der Sportminister. Der Rat wird den Vorstand bestellen, der wiederum über die Mittelvergabe entscheidet. Der DOSB möchte den Stiftungsrat zu seinen Gunsten um einen Posten erweitern, damit er dort mit zwei Vertretern präsent ist. Nach dem aktuellen Entwurf, kritisierte DOSB-Präsident Thomas Weikert, hätten jene, »die am meisten vom Sport verstehen«, in der Schaltzentrale nichts zu entscheiden.

»Wir wollen Athleten- und Trainer-fokussiert weiterhin breit fördern, aber nicht alles gleich, sondern akzentuierter, punktueller, gezielter. Beispielsweise nicht die gesamte Breite der Leichtathletik mit ihren 47 Einzeldisziplinen, sondern vornehmlich die aussichtsreichsten Disziplinen, wobei wir in bestimmtem Maße auch sportlichen Traditionen verpflichtet sind«, hatte Gerhard Böhm, damals Abteilungsleiter Sport im Bundesministerium des Innern, schon 2017 erklärt. Damals begannen die Reformbestrebungen. Sämtliche Verantwortlichen im Sport seien gegenüber den Athletinnen und Athleten »in der verdammten Pflicht, ehrlich zu sein«, so Böhm seinerzeit in der Zeitschrift Olympisches Feuer: »Wir dürfen nicht länger zulassen, dass sie im Glauben an Perspektiven gelassen werden, wo objektiv keine zu sehen sind. Wir dürfen den Sportlerinnen und Sportlern keine falschen Hoffnungen machen, was nur die Vergeudung von Zeit, vor allem von Lebenszeit und Aufwand, für diese Athleten zur Folge hätte. (…) Auf der anderen Seite sollen künftig all jene Athleten die allerbeste Unterstützung bekommen, die die persönlichen Voraussetzungen haben, zu reüssieren und die sich für den Erfolg bedingungslos engagieren.«

Deutliche Ansagen, inzwischen acht Jahre her. Sie gehören der neuen Spitzensportagentur ins Stammbuch geschrieben.

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