Drogen statt Brot
Von Jakob Reimann
Seit Monaten werden schwere Vorwürfe erhoben, dass das israelische Militär Drogen in den abgeriegelten Gazastreifen schmuggele. Bereits im Juni erklärte das Medienbüro der Regierung in Gaza, dass Palästinenser in Mehlsäcken der von US-Söldnern betriebenen Gaza Humanitarian Foundation (GHF) das verschreibungspflichtige Schmerzmittel Oxycodon gefunden hätten. Die Verbreitung der Droge ziele darauf ab, das soziale Gefüge der palästinensischen Gesellschaft von innen heraus zu zerstören. In den sozialen Medien kursierten private Fotos und Videos, die entsprechende Funde von Mehlsäcken mit losen Pillen zeigen sollen. Das Medienbüro spricht von einem direkten Angriff auf die öffentliche Gesundheit und machte Israel verantwortlich für dieses »abscheuliche Verbrechen«, das darauf abziele, Drogenabhängigkeit zu verbreiten. Der Einsatz von Drogen sei eine »weiche Waffe in einem schmutzigen Krieg gegen die Zivilbevölkerung«, hieß es weiter.
Faktenfinder von France 24 wiesen im Juli darauf hin, dass endgültige Beweise für eine israelische Täterschaft fehlten. Auch die UNO erklärte demnach, die Vorwürfe könnten weder bestätigt noch dementiert werden. Dass illegale Betäubungsmittel wie Opioide über Tunnel nach Gaza geschmuggelt werden, ist seit den 2010er Jahren bekannt. Eine am Dienstag veröffentlichte Untersuchung von Al-Dschasira Mubasher, dem arabischsprachigen 24-Stunden-Livenachrichtensender des katarischen Al-Dschasira-Netzwerks, geht dem Drogenschmuggel in die Enklave nach. Die Dokumentation begleitet Reporter Mohammed Washah bei einem bewaffneten Einsatz der palästinensischen Drogenbekämpfungseinheit. Man habe Informationen erhalten, dass sich in einem der Lagerhäuser im Zentralbezirk des Gazastreifens von der israelischen Besatzungsmacht geschmuggelte Drogen befinden sollten, erklärt der vermummte Leiter der Einheit in der Dokumentation. Ein Beamter bringt mehrere größere Päckchen, die mutmaßlich Haschisch sowie »Rotana-Pillen« enthalten sollen, was der Straßenname für Fenetyllin ist. Das synthetische Stimulans aus der Gruppe der Amphetaminderivate ist unter dem Handelsnamen »Captagon« bekannt.
Der Antidrogenbeamte in Gaza zeigt in der Reportage weitere mutmaßliche Drogenfunde, darunter mehrere Beutel voller rosa Tabletten mit einem charakteristischen totenkopfähnlichen Gesicht aufgedruckt. Sie sollen im wesentlichen die Droge MDMA enthalten. »Diese Pillen kommen aus Israel«, so der Beamte, sie können »zum Tod führen und Nervenzellen im Gehirn zerstören.« Weiter zeigt er Konservendosen mit Bohnen, in denen Captagon-Pillen geschmuggelt worden sein sollen. Die Konserven seien so präpariert, dass die Sensoren bei Inspektionen nicht anschlagen.
Neben dem Schmuggel über Land, erklärt der Beamte gegenüber Al-Dschasira, gelangten Drogen auch über See sowie per Quadrocopter in die abgeriegelte Enklave. Er präsentiert mehrere dieser Minidrohnen mit angeklebten Päckchen, die die Vorwürfe belegen sollen. Sie sollten ihre Fracht an palästinensische Dealer liefern, wurden von der Behörde jedoch abgefangen. »Die Hand des Gesetzes wird euch erreichen, und wir werden eure Quellen austrocknen«, so seine Botschaft an die »Händler des Giftes« in Gaza. Mehrere mutmaßliche Drogenpakete werden nun vernichtet. Da Israel die meisten Bäckereien und Öfen bombardiert hat, werden die Päckchen auf einer offenen Feuerstelle im Freien verbrannt. »Die israelische Besatzung tötet unser Volk vorsätzlich auf vielfältige Weise«, so der Antidrogenbeamte. Doch was nicht mit militärischem Arsenal erreicht worden sei, werde auch nicht durch Drogenschmuggel gelingen. »Wir werden dem zionistischen Feind nicht die Möglichkeit geben, diese Generation und diese jungen Menschen zu zerstören.«
Anfang Dezember warnte auch der Rat palästinensischer Stämme und Clans in Gaza vor dem zunehmenden »Schmuggel großer Mengen von Betäubungsmitteln nach Gaza in den vergangenen Wochen und Monaten«. Dies seien »böswillige und wiederholte Versuche des israelischen Feindes, die Heimatfront ins Visier zu nehmen«, wodurch insbesondere Jugendliche geschädigt würden, gegen die ein »systematischer Krieg« geführt werde. Weiter erklärte der Rat, dass von Israel unterstützte palästinensische Milizen von Rafah im Süden aus nach Norden hin Drogenvertriebsnetze betrieben. Den Milizen um den jüngst getöteten Yasser Abu Shabab, mit denen Israel zur Kontrolle der besetzten Teile des Gazastreifens kollaboriert, wird vorgeworfen, Hilfslieferungen nach Gaza zu plündern und am Drogenhandel beteiligt zu sein.
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