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Aus: Ausgabe vom 17.12.2025, Seite 12 / Thema
USA

Wieder in Ketten gelegt

Staatliche Repression und politische Gefangene: Über systematischen Rassismus gegen Menschen afrikanischer Abstammung in Pennsylvania und das US-Gefängnissystem
Von Robert Saleem Holbrook
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Der US-Staatsapparat wird seit Jahren immer repressiver. Festnahme einer Demonstrantin bei einem Protest gegen den Tod von Freddie Gray, der an Verletzungen starb, die er in Polizeigewahrsam erlitten hatte (Baltimore, 25.4.2015)

Als erster Bundesstaat, der die schrittweise Abschaffung der Sklaverei beschloss, wurde Pennsylvania und insbesondere seine größte Stadt Philadelphia zu einem Zufluchtsort für freie Schwarze. Tatsächlich hat sich die schwarze Bevölkerung in Philadelphia allein in dem Zeitraum zwischen 1790 und 1800 mehr als verdoppelt, da Schwarze, die vor der Sklaverei flohen, in Philadelphia einen Unterschlupf suchten. Zugleich war es auch ein wichtiger Ort für die Herausbildung einer Infrastruktur, die später der Aufrechterhaltung der weißen Vorherrschaft diente, ohne dass dazu in den Nordstaaten die Sklaverei noch als formelles Gesetz nötig war. Philadelphia war entscheidend an der Durchsetzung des »Fugitive Slave Act« (Gesetz über flüchtige Sklaven) von 1850 beteiligt, um entlaufene Sklaven wieder in die Südstaaten zu bringen – die entsprechenden Anhörungen fanden in der Independence Hall statt.

Während Pennsylvania mit dem »Act for the Gradual Abolition of Slavery« von 1780 seine »Negro Courts« (Gerichte für Schwarze) ebenso abschaffte wie Gesetze, die es Schwarzen untersagten, sich in Gruppen von fünf oder mehr Personen zu versammeln, Alkohol zu trinken oder sich nach 21 Uhr ohne Erlaubnis ihres Herrn außerhalb ihres Hauses aufzuhalten, setzte dagegen das frührepublikanische Philadelphia¹ etwa seine seit langem bestehenden Gesetze gegen Landstreicherei unverhältnismäßig stark gegen Schwarze ein. Der erste Gefangene, der dem beispiellosen Regime in der städtischen Strafanstalt Eastern State Penitentiary unterworfen wurde – mit vollständiger Einzelhaft und Zwangsarbeit –, war ein Schwarzer. Im Jahr 1837 verbot eine Verfassungsänderung in Pennsylvania allen Schwarzen die Teilnahme an Wahlen in diesem Bundesstaat.

1862 bemerkte Frederick Douglass: »Es gibt wohl kaum eine Stadt, in der die Vorurteile gegenüber Schwarzen so weit verbreitet sind wie in Philadelphia. Daher sind dort alle Ausprägungen eines perfektionierten Kastensystems zu beobachten. Es gibt weiße und schwarze Schulen, weiße und schwarze Kirchen, weißes und schwarzes Christentum, Konzerte für Weiße und Konzerte für Schwarze, literarische Einrichtungen für Weiße und Einrichtungen für Schwarze.«

Kurz gesagt: Nach der formellen Befreiung der Sklaven etablierte sich ein neues System der Segregation und Inhaftierung. Zudem sorgten Einschränkungen der Möglichkeiten in schwarzen Vierteln, wirtschaftlich oder durch Bildung aufzusteigen, für die Aufrechterhaltung rassistischer Unterdrückung in Philadelphia.

Systematische Benachteiligung

Die Diskriminierung aufgrund der »Rasse« wird vielleicht am deutlichsten, wenn wir die Auswirkungen der Masseninhaftierungen in Philadelphia betrachten. Die schwarzen Einwohner Philadelphias machten von 2015 bis 2022 rund 38 Prozent der Bevölkerung der Stadt aus – aber 69 Prozent der Festgenommenen und 72,5 Prozent der Inhaftierten. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass schwarze Einwohner Philadelphias im Vergleich zu anderen Einwohnern auf fast jeder Stufe des Strafrechtssystems überproportional vertreten sind: Sie wurden unverhältnismäßig häufig angehalten und verhaftet, öfter wegen schwerer Straftaten angeklagt, seltener vor dem Prozess freigelassen, und bei einer Verurteilung war die Wahrscheinlichkeit höher als bei anderen Gruppen, inhaftiert zu werden.

Heute werden dieselben schwarzen Communitys in Philadelphia, die überproportional häufig mit dem Strafrecht in Konflikt geraten, auch in anderen Punkten systematisch benachteiligt, unter anderem durch einen Mangel an Arbeitsplätzen, unterfinanzierte Schulen und das Fehlen von sicherem, bezahlbarem Wohnraum. Unter den zehn größten Städten der USA weist Philadelphia die höchste Rate an extremer Armut auf, wovon die schwarze Bevölkerung Philadelphias überproportional stark betroffen ist: 40 Prozent von ihnen leben unterhalb der Armutsgrenze.

Schwarze Einwohner Philadelphias waren lange Zeit von einer Beschäftigung in der Justiz, der Anwaltschaft, der Feuerwehr und der Polizei ausgeschlossen. Bis in die 1950er Jahre hinein waren 95 Prozent der Beamten des Philadelphia Police Department (PPD) weiß. Ein Bundesgericht stellte fest, dass das PPD zwischen 1974 und 1983 dreimal gegen Titel VII des Bürgerrechtsgesetzes von 1964 verstoßen hatte, welches die Diskriminierung aufgrund von »Rasse« und Geschlecht bei der Einstellung verbietet.

Schwarze Stadtteile werden übermäßig von der Polizei ins Visier genommen: Von 2015 bis 2022 konzentrierten sich die Polizeikontrollen und Hausdurchsuchungen in Philadelphia vor allem auf Stadtteile mit überwiegend schwarzer und lateinamerikanischer Bevölkerung, wo sowohl Kontrollen als auch Festnahmen drei- bis fünfmal häufiger vorkamen als im städtischen Durchschnitt. Von den von der Polizei angehaltenen Personen werden Schwarze 1,5mal häufiger durchsucht als Weiße, obwohl die Polizei bei Weißen am häufigsten verbotene Sachen finden und bei der Durchsuchung von Schwarzen am seltensten. Darüber hinaus fällt, wenn man die Wohnadressen der in staatlichen Gefängnissen inhaftierten Einwohner Philadelphias prüft, auf, dass diese zumeist aus schwarzen und lateinamerikanischen Stadtteilen stammen.

88 Prozent der Menschen, die zwischen 1950 und 1960 von Beamten des PPD erschossen wurden, waren Schwarze, obwohl damals nur 22 Prozent der Bevölkerung Philadelphias schwarz waren. In den Vereinigten Staaten ist Polizeigewalt – durch Schläge, Würgen, Elektroschocker oder Schusswaffen – die sechsthäufigste Todesursache unter jungen nichtweißen Männern. Die weiße Vorherrschaft und der Rassismus innerhalb der Polizei von Philadelphia wird auch durch eine Umfrage aus dem Jahr 1957 demonstriert, die ergab, dass die meisten weißen Polizeibeamten in Philadelphia glaubten, Schwarze seien von Natur aus kriminell.

Im Jahr 1968 erklärte der stellvertretende Polizeipräsident und spätere Bürgermeister Frank Rizzo den schwarzen Aktivistenorganisationen den Krieg. Unter seiner Aufsicht führte die Polizei 1970 eine Razzia in den Büros der Black Panther Party durch und durchsuchte Mitglieder vor den Augen von Pressefotografen.

Obwohl die Verhängung von lebenslangen Freiheitsstrafen anscheinend weltweit zunimmt, sind die Vereinigten Staaten weltweit führend bei der Verhängung solcher Urteile. Eine Studie kam zu dem Schluss, dass in den Vereinigten Staaten mehr Menschen eine lebenslange Haftstrafe (Death by Incarceration, DBI) verbüßen als in allen anderen 113 untersuchten Ländern zusammen und dass Personen, die in den Vereinigten Staaten eine lebenslange Haftstrafe ohne Bewährung (Life Without Parole, LWOP) verbüßen, mehr als 80 Prozent der weltweit zu dieser Strafe Verurteilten ausmachen. Fast 200.000 Menschen, also 16 Prozent der gesamten Gefängnispopulation in den USA, wurden in den Vereinigten Staaten zu einer Form der DBI-Strafe verurteilt. Im Jahr 2024 saßen mehr Menschen als je zuvor eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne Bewährung ab, der Anstieg seit 2003 betrug 68 Prozent. Rund 45 Prozent der zu DBI verurteilten Personen sind Schwarze, obwohl die Gesamtbevölkerung der USA nur zu 14,4 Prozent aus Schwarzen besteht.

35 Prozent derjenigen, die zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, sind 55 Jahre und älter. Fast die Hälfte derjenigen, die in den Vereinigten Staaten eine lebenslange Haftstrafe ohne Bewährung verbüßen, sind ältere Menschen über 50 Jahre; ein Viertel ist über 60. Wie in den meisten Statistiken des Strafrechtssystems sind auch bei den Haftstrafen Angehörige ethnischer Minderheiten unverhältnismäßig stark vertreten. Schwarze Einwohner Pennsylvanias verbüßen mehr als 18mal häufiger Haftstrafen als weiße Einwohner. Lateinamerikanische Einwohner Pennsylvanias bekommen fünfmal häufiger Freiheitsstrafen als weiße Einwohner. In Philadelphia verbüßt jeder 294. schwarze Einwohner eine Freiheitsstrafe (in der Gesamtbevölkerung sind es 340 pro 100.000 Einwohner). Philadelphia verurteilt Schwarze häufiger zu Freiheitsstrafen als 90 Prozent der Länder weltweit.

Lebenslange Haft

Mumia Abu-Jamal ist einer der am längsten inhaftierten politischen Gefangenen weltweit.² Seit er im Alter von 15 Jahren Gründungsmitglied der Black Panther Party in Philadelphia geworden war, ist Mumia Opfer staatlicher Überwachung und Repression. Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre erlangte er als preisgekrönter Journalist Bekanntheit, indem er kritisch über die Missbräuche der PPD berichtete. Nachdem er eine Schussverletzung durch einen Polizeibeamten überlebt hatte, wurde Mumia 1982 in einem Prozess, der laut Amnesty International »nicht den internationalen Mindeststandards für faire Gerichtsverfahren entsprach«, für den Mord an einem Polizeibeamten verantwortlich gemacht.

Mumia wurde eines »First-degree murder« (vorsätzliche Tötung in mutwilliger Absicht, jW) schuldig gesprochen. Das Urteil basierte auf einem Meineid: Die Aussagen von Augenzeugen, die eine Schießerei schilderten, stimmten nicht mit den materiellen Beweismitteln überein. Zudem wurde ein Geständnis Mumias erfunden. Zu guter Letzt trug auch ein voreingenommener Richter, der Mumia das Recht auf Selbstverteidigung verweigerte und das Gericht über weite Strecken des Prozesses in Abwesenheit Mumias zusammentreten ließ, zum Ausgang des Verfahrens bei. Mumia wurde zum Tode verurteilt und verbrachte fast 30 Jahre in Einzelhaft im Todestrakt. Seit über 40 Jahren weigern sich die bundes- und zentralstaatlichen Gerichte, Mumias Fall noch mal aufzurollen. Die Regierungen von Pennsylvania und der Vereinigten Staaten erkennen Mumia damit die Achtung seiner verfassungsmäßigen Rechte faktisch ab. 2011 wurde sein Todesurteil in eine lebenslange Haftstrafe ohne Bewährung umgewandelt, also eine Death-by-Incarceration-Strafe.

Im Jahr 2015 wurde Mumia nach eklatanten Versäumnissen des medizinischen Personals der Haftanstalt bei der Bereitstellung angemessener medizinischer Versorgung in einem lebensbedrohlichen Zustand ins Krankenhaus eingeliefert. Die Gefängnisbeamten weigerten sich außerdem, seine bereits 2012 festgestellte Hepatitis-C-Erkrankung zu behandeln. Nachdem der UN-Sonderberichterstatter für Folter eine Beschwerde über die mangelhafte medizinische Versorgung erhalten hatte, kam er zu dem Schluss, dass die Vereinigten Staaten »das Recht von Herrn Abu-Jamal auf Freiheit von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verletzt« hätten, indem sie »seine körperliche und psychische Unversehrtheit nicht geschützt« hätten. Es dauerte Jahre, bis 2017 im Fall »Abu-Jamal vs. Kerestes« ein Gerichtsbeschluss erging, der die Behörden zwang, Mumia die längst überfällige Behandlung zukommen zu lassen, um seine Hepatitis C zu heilen. Die Verzögerung führte jedoch dazu, dass er eine Leberzirrhose entwickelte und einem erhöhten Risiko für gesundheitliche Komplikationen ausgesetzt war, mit denen er für den Rest seines Lebens zu kämpfen haben wird.

Prekärer Zustand

Mumia Abu-Jamal läuft die Zeit davon. Im März 2021 unterzog er sich einer doppelten Bypassoperation. UN-Experten stellten fest, dass er im Krankenhaus tagelang ans Bett gefesselt worden war, und bezeichneten seine Behandlung während dieser Zeit als »erbärmlich«. Ihm werden angemessene Nahrung und die für die Herzrehabilitation notwendige Bewegung verweigert. Im Januar 2025 trat bei Mumia eine häufige und leicht behandelbare Komplikation nach einer Kataraktoperation auf. Die Trübung seines Sehvermögens verschlimmerte sich so stark, dass er im Juni 2025 von einem unabhängigen, von seinen Anwälten beauftragten Augenarzt als blind diagnostiziert wurde. Er erhielt erst im September 2025 eine Behandlung für diese Erkrankung und wartet noch immer auf die Behandlung eines Auges (vgl. junge Welt vom 13.9.2025). Er leidet weiterhin unter mehreren komplizierten Augenerkrankungen, darunter proliferative diabetische Retinopathie und ein Glaukom, die ein erhebliches Risiko dauerhafter Erblindung bergen.

Mumias Gesundheitszustand ist allgemein prekär. Im Dezember 2022 verlor er außerdem seine Frau Wadiya Jamal, mit der er 41 Jahre lang verheiratet war. Er ist mittlerweile 71 Jahre alt und hat 43 Jahre einer lebenslangen Haftstrafe verbüßt. 29 dieser 43 Jahre verbrachte er in der Todeszelle in verlängerter Einzelhaft, eine Praxis, die von UN-Sonderberichterstattern wiederholt als psychologische Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bzw. Strafe verurteilt wurde. Eine längere Einzelhaft von mehr als fünfzehn Tagen ist nach den sogenannten Mandela-Regeln (die Mindestgrundsätze der UNO für die Behandlung von Gefangenen, jW) verboten.

Das EU-Parlament und die Nobelpreisträger Nelson Mandela, Toni Morrison und Desmond Tutu haben die ausbleibende Fairness in Mumias Prozess kritisiert. Er wurde zum Ehrenbürger von Paris ernannt. Mumia Abu-Jamal erwarb 1996 seinen Bachelor of Arts am Goddard College, 1999 seinen Masterabschluss an der California State University, Dominguez Hills, und 1996 einen Ehrendoktortitel in Rechtswissenschaften am New College of California. Derzeit promoviert er an der University of California, Santa Cruz. Mumia Abu-Jamals Arbeiten sind an der Brown University archiviert (vgl. junge Welt vom 12.9.2022).

Anmerkungen

1 Als Frühe Republik (Early Republic) wird die Phase von der Gründung der USA bis etwa 1830 bezeichnet, in der sich die grundlegenden politischen Strukturen der Bundesregierung erst herausbildeten.

2 Vgl. Mumias regelmäßige Kolumne in der jungen Welt: www.jungewelt.de/kolumne/1.kolumne-von-mumia-abu-jamal.html

Übersetzung: Marc Püschel

Robert Saleem Holbrook ist Executive Director am Abolitionist Law Center. Am 10. Januar 2026 wird er auf der 31. Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin sprechen.

Kampf gegen das Gefängnissystem Über das Abolitionist Law Center

Die Regierung von Donald Trump geht mit einem Propagandafeldzug und zunehmenden Repressionen gegen die Linke und alle vor, die ihren offensichtlichen Bemühungen, einen autoritären, nationalistischen und von weißer Vorherrschaft geprägten Polizeistaat zu errichten, im Wege stehen. Im Fadenkreuz steht auch das von Robert Saleem Holbrook geleitete Abolitionist Law Center (ALC) mit Büros in Pittsburgh und Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania. »Die Regierung militarisiert unsere Städte unter dem fadenscheinigen Vorwand, die Kriminalität zu bekämpfen, obwohl diese auf einem historischen Tiefstand ist«, erklärte der geschäftsführende Direktor des ALC. »Maskierte Schläger schnappen sich unsere Nachbarn auf offener Straße. Andersdenkende werden zusammengetrieben, unter entsetzlichen Bedingungen in hastig errichteten Gefängnissen eingesperrt und ohne ordentliches Gerichtsverfahren in ferne Länder verschleppt«, so Holbrook weiter. All diese Angriffe auf die Menschenrechte zielten darauf ab, »die Opposition zum Schweigen zu bringen und einzuschüchtern«.

Das 2013 gegründete ALC wehrt sich jedoch als gemeinnütziges Anwaltskollektiv und Nichtregierungsorganisation auch unter den gegebenen Bedingungen weiter gegen alle Repressionen und setzt sich als soziales Organisationsprojekt dafür ein, die Interessen der Gemeinden zu vertreten, aus denen inhaftierte Frauen, Männer, Jugendliche und deren Familien stammen. Vor allem Menschen aus schwarzen, hispanischen und indigenen Communitys sind von Masseninhaftierung und langen Haftstrafen betroffen. »Abolition«, der Begriff, der ursprünglich für den Kampf zur Abschaffung der Sklaverei stand, steht im Namen des ALC heute für die Abschaffung des Gefängnissystems. Der sogenannte gefängnisindustrielle Komplex stelle an sich »routinemäßig einen Verstoß gegen elementare Menschenrechte dar«, sagt das ALC und hat deshalb den Abolitionismus zu seiner obersten Maxime gemacht.

Das ALC nutzt seine juristische Expertise dazu, »das Problem der Masseninhaftierung zu beenden, die Betroffenen zu stärken und Menschen zu schützen, die mit dem Strafvollzugssystem in Konflikt geraten«. Dabei stellt das Team »jeden Aspekt des Strafrechtssystems in Frage, also Polizei, Gerichte, Gefängnisse und die Fortsetzung der Überwachung von Häftlingen« sowie die Einschränkung ihrer Bürgerrechte unter dem Druck von Bewährungsauflagen noch Jahre nach ihrer Entlassung.

Schon aus dem letzteren Grund bindet das ALC ehemalige Gefangene wie Robert Saleem Holbrook als Experten in seine Arbeit ein und betraut sie mit leitenden Aufgaben. »Ich war 16 Jahre alt, als ich verhaftet wurde«, beschreibt Holbrook seine Erfahrung. Nach Erwachsenenstrafrecht zu lebenslanger Haft ohne Bewährung verurteilt, überlebte er »Jahrzehnte in Pennsylvanias Staatsgefängnissen, davon zehn Jahre in Einzelhaft«, weil seine Familie und Veteranen der schwarzen Freiheitsbewegung wie Mumia Abu-Jamal ihn unterstützten. Erst 27 Jahre später, im Jahr 2018, kam Holbrook frei, als der Oberste Gerichtshof entschied, »die Verurteilung von Minderjährigen zu lebenslangem Freiheitsentzug ohne die Möglichkeit der Bewährung« sei »grausam, unmenschlich und verfassungswidrig«. Holbrook trat danach sofort dem ALC bei und wurde 2020 sein Geschäftsführer. Das ALC vertritt die Interessen der Gefangenen, ihrer Gemeinden und Familien seit Jahren auch vor den Vereinten Nationen und setzt sich »gegen das buchstäbliche Verrotten von Gefangenen mit lebenslangen Freiheitsstrafen« im US-Knastsystem ein (siehe junge Welt vom 19.8.2024).

Im November 2025 nahm Holbrook als einer der Vertreter des ALC-Menschenrechtsprogramms an einer Delegation zivilgesellschaftlicher Organisationen teil, die in Genf (Schweiz) gemeinsam mit dem UN-Menschenrechtsrat die Trump-Regierung zur Zusammenarbeit mit der Universellen Periodischen Überprüfung (UPR) der Vereinten Nationen aufforderte. Der Mechanismus sieht vor, dass jeder UN-Mitgliedstaat alle fünf Jahre einer Betrachtung seiner Menschenrechtsbilanz unterzogen wird. Dem will sich die Trump-Regierung jedoch verweigern. »Sie gibt damit ihre Verpflichtungen zum Schutz der Menschenrechte im In- und Ausland auf«, kritisierte Holbrook. Er sieht die Weigerung Washingtons, an der internationalen Sitzung der UPR teilzunehmen, »als weiteres Beispiel für den autoritären Kurs dieser Regierung«. Diese Entscheidung sei »ein rücksichtsloser Akt, der auf das schärfste verurteilt werden« müsse, so Holbrook.

Jürgen Heiser

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