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Aus: Ausgabe vom 09.12.2025, Seite 10 / Feuilleton
Hollywood

Was tot ist, kann nicht sterben

Netflix übernimmt Warner. Viel Schaden kann auch das nicht mehr anrichten
Von Felix Bartels
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Bald mit rotem N im Logo: Warner Bros.

Wo bitte gehts nach Hollywood oder Wag the Dog? Beides. Mit der anstehenden Übernahme der Warner Bros. Entertainment Inc. durch Netflix wird der Streamingdienst sich tiefer im Studiosystem festsetzen. Einem Autohaus gleich, das mal die geilen Karren mit dem Stern auf der Haube im Sortiment hatte, dann begann, selbst Autos zu bauen, und mit dem daraus akkumulierten Reichtum schließlich Mercedes aufkauft. Das Geschrei könnte kaum größer sein als jetzt bei Netflix. Die einen fürchten das Monopol, die anderen den Untergang des glanzvollen Studiosystems. Obwohl das System seit je oligopolisch angelegt war und der Lack längst ab ist.

Das Volumen der Übernahme liegt bei 82,7 Milliarden US-Dollar. Pro Aktie sollen 23,25 Dollar und 4,50 Dollar in Netflix-Aktien gezahlt werden, was einem Kapitalwert von 72 Milliarden Dollar entspricht. Netflix wird das Studio Warner Bros. und den Streamingdienst HBO Max erwerben. Die von Warner gehaltenen TV-Sender – CNN z. B. – sollen unter dem Namen »Discovery Global« vom Konzern abgespalten werden. Für den Vollzug der Übernahme sind bis zu eineinhalb Jahre angesetzt, auch weil der Vorgang von politischer Seite geprüft werden wird.

Netflix hat sich gegen mehrere Konkurrenten durchgesetzt. Unter denen auch ein großer Konkurrent von Warner innerhalb des Hollywood-Studiosystems:Paramount, der seinerseits von der Familie des Softwaremilliardärs Larry Ellison übernommen wurde. Ellison, dessen Sohn David als CEO von Paramount fungiert, unterstützt die Trump-Regierung, die nun ihrerseits demonstriert, was man ihr sonst kaum nachsagen kann: Sorge um Monopolbildung. Ein ranghoher Vertreter des Weißen Hauses äußerte beim Nachrichtensender CNBC, man blicke auf den Zuschlag für Netflix mit Skepsis. Trump, heißt es in US-Medien, habe ein vitales Interesse, dass die Ellison-Familie die Kontrolle über CNN erlangt. Laut der Nachrichtenagentur dpa sagte der US-Präsident, Netflix’ hoher Marktanteil im Streamingbereich sei ein Problem bei den Übernahmeplänen. Trump erinnerte an die Wettbewerbsprüfung, bei der er involviert sein werde. Sein Interesse scheint ein anderes. Die politische Ausrichtung des Senders ist erkennbar kritisch gegenüber der Regierung Trump, und im Fall einer Einverleibung von Warner durch Paramount könnte CNN dasselbe drohen, was dem Paramount-Sender CBS nach dem Kauf durch die Ellison-Familie passierte: eine »Neuordnung« der Nachrichtenredaktion. CNBC berichtete zudem, Paramount wolle sich noch nicht geschlagen geben und mit einem Gegenangebot direkt an die Aktionäre von Warner Bros. Discovery wenden.

Widerstand in Washington, Unbehagen in Hollywood. Einige Filmemacher, Schauspieler, Kritiker und Kinobetreiber zeigten die üblichen Reaktionen mit den üblichen Meinungen. Jane Fonda etwa sprach von einer »katastrophalen Entwicklung«, die »unsere kreative Industrie zu zerstören droht«. Die Angst vorm Ende der Kunst. Dabei braucht es Netflix dafür gar nicht. Der dem Genre Film innewohnende Widerspruch aus Industrie und Kunst war aus dem Gleichgewicht, lange bevor es Streaming gab. Netflix gilt als seelenlose, algorithmen- und geldgeregelte Contentschleuder, und dieses heftige Urteil trifft durchaus. Nur zeichnen die Studios in der Ära der generischen Remakes und Franchises, der Verserisierung des Films, der marktforschungs- und zeitgeistbasierten Besetzungspolitik für dieselbe Entwicklung verantwortlich wie Netflix, das im konvenienten Konsens den Sündenbock spielen muss. Die größte Baustelle der Film- und Serienwelt ist nicht die vertikale Kooperation, sondern lazy writing. Dass Hollywood nur noch selten gute Geschichten erzählt, hatten lange vor Netflix die Studios zu verantworten, weswegen man sich fragt, was eigentlich durch die Expansion des Streamingdienstes noch schlechter werden könnte.

Zumal damit allmählich ein alter Zustand zurückkehrt. Bis in die sechziger Jahre hatte Hollywood ein geschlossenes System. Studios, heißt das, produzierten ihre Filme nicht nur selbst, sie hatten ihre eigenen Vertriebswege, bis hin zu studioeigenen Kinos. Wenn nun, indem ein großer Vertreiber weiter in die Produktion vordringt, die vertikale Kooperation von Produktion zur Konsumtion von der anderen Seite wiederhergestellt wird, ist das zunächst und für sich noch kein Unglück. Diese Form muss sich nicht zwingend auf die Kunst auswirken, deren Probleme offensichtlich woanders liegen. Und obgleich wahrscheinlich ist, dass die Abopreise bei Netflix nach der Übernahme steigen werden – mit Warner kauft man auch HBO-Content, also Serien des Hauses, das in der Gesamtschau wohl die besten Produktionen der letzten Jahre vorgelegt hat. Zur Zeit muss ein Zuschauer, der die neuesten Serien und Filme legal sehen will, etwa 80 Euro im Monat für sechs bis sieben Streamingdienste ausgeben. Mit der Übernahme dürfte es einer weniger sein.

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