Geschützte Jugend
Von Sebastian Edinger
Kommende Woche tritt in Australien der »Online Safety Amendment Act« in Kraft. Das Gesetz soll Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zu Social-Media-Diensten wie Tik Tok, Snapchat, Facebook und Instagram verwehren. Seit die Regierung den Rechtsakt vor einem Jahr verabschiedete, laufen die Techlobbys Sturm dagegen. Zuletzt hatte das sogenannte Digital Freedom Project Klage eingereicht. Die Organisation des liberalen Abgeordneten im Parlament des Bundesstaates New South Wales, John Ruddick, will die Umsetzung per einstweiliger Verfügung verhindern.
Laut Klageschrift ist das Social-Media-Verbot ein »direkter Angriff auf das Recht junger Menschen auf freie politische Kommunikation« und »völlig übertrieben«. Viele Jugendliche seien enttäuscht von einer Regierung, die ein pauschales Verbot verhänge, statt in die Befähigung von Kindern zu investieren, sich im digitalen Raum sicher bewegen zu können. Gefordert wird im Namen zweier 15jähriger, den Rechtsakt als verfassungswidrig einstufen zu lassen. Die Entscheidung des Obersten Gerichts in Canberra steht noch aus.
Derweil zeigt sich die Regierung entschlossen, das Gesetz unabhängig von der Klage und den Drohgebärden aus der Digitalwirtschaft fristgerecht umzusetzen, wie Kommunikationsministerin Anika Wells vergangene Woche im australischen Bundesparlament betonte. »Wir lassen uns nicht von juristischen Anfechtungen einschüchtern. Wir lassen uns nicht von Big Tech einschüchtern. Im Namen der australischen Eltern bleiben wir standhaft«, sagte sie gegenüber den Abgeordneten.
Die Rückendeckung für die Regierung ist groß. Fast alle relevanten Parteien unterstützen den Vorschlag, den Regierungschef Anthony Albanese vor gut einem Jahr eingebracht hatte. Mit der Verabschiedung des Gesetzes begann eine einjährige Übergangsfrist, in der sich die Betreiber betroffener Social-Media-Dienste auf die neuen Vorgaben vorbereiten konnten. Am 10. Dezember endet die Frist, dann will die Regierung das Gesetz scharfstellen. Techfirmen, die keine angemessenen Maßnahmen zur Umsetzung der Altersgrenze ergreifen, drohen dann Strafzahlungen von bis zu 50 Millionen australischen Dollar (etwa 28 Millionen Euro).
Auch in der Bevölkerung gibt es viel Unterstützung für das Verbot. Zahlreiche Befragungen zeigen eine deutliche Mehrheit für die Altersgrenze. Schließlich sind die negativen Folgen der zunehmenden Verlagerung des Lebens junger Menschen in den digitalen Raum deutlich spürbar. Die Algorithmen der Techgiganten sind darauf ausgelegt, die Nutzungsdauer zu maximieren, die Suchtgefahr ist groß. Vor verstörenden Inhalten werden Kinder und Jugendliche seitens der Anbieter kaum geschützt – je extremer der Content, desto höher die Klick- und Profitrate. Mittlerweile leidet jeder dritte Jugendliche in Australien unter psychischen Problemen.
Australien betritt mit dem Social-Media-Verbot für Jugendliche Neuland – und könnte international zum Vorreiter werden. Schließlich sind andernorts ähnliche Probleme zu beobachten, denen Eltern und Pädagogen hilflos gegenüberstehen. Laut einer aktuellen Studie der Ruhr-Universität zeigen in Deutschland 51 Prozent der unter 20jährigen Social-Media-Suchtsymptome. Die durchschnittliche Nutzungsdauer liegt in dieser Altersgruppe demnach bei über vier Stunden pro Tag.
Vergangenen Mittwoch hat das EU-Parlament mit deutlicher Mehrheit einen Bericht angenommen, der ebenfalls ein Social-Media-Verbot für Jugendliche vorsieht. Unter 13jährigen soll der Zugang komplett verwehrt bleiben, danach soll die Nutzung bis zum 16. Lebensjahr eine Einverständniserklärung der Eltern voraussetzen. Letztlich liegt es jedoch an den Mitgliedstaaten, entsprechende Regeln zu verabschieden. Dänemark will vorangehen; das dortige Digitalministerium hatte Anfang November eine Altersgrenze von 15 Jahren für »bestimmte soziale Netzwerke« angekündigt. In der BRD hatte sich zuletzt der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck (CDU), für gestaffelte Altersgrenzen »ähnlich wie bei der FSK im Filmbereich« ausgesprochen.
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