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Aus: Ausgabe vom 02.12.2025, Seite 8 / Kapital & Arbeit
Volksinitiative in der Schweiz

Nein zur Erbschaftssteuer

Schweiz: Volksinitiative scheitert haushoch. Gegenkampagne des Kapitals bestimmt Abstimmungsverhalten
Von Dominic Iten, Zürich
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Erfolg des Schweizer Kapitals, sein Partikularinteresse zu verallgemeinern (Aktivisten in Bern am Sonntag)

Eine Ablehnung von 78,3 Prozent: Selten hat eine Mehrheit der Schweizer eine Volksinitiative so deutlich von sich gewiesen. Einzig die »rot-grün« geprägte Stadt Bern und ein winziges Dorf im Berner Jura befürworten demnach die Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer. Die von den Jungsozialisten lancierte »Zukunftsinitiative« wollte auf vererbte Vermögen über 50 Millionen Franken einen Steuersatz von 50 Prozent erheben. Dass wegen des hohen Freibetrags weniger als 0,03 Prozent der Bevölkerung von der Steuer betroffen gewesen wären, dass der Ertrag in klimafreundliche Projekte hätte fließen sollen, ging im hart geführten Abstimmungskampf unter.

Gerade mal einer von fünf Stimmberechtigten ließ sich vom Nutzen der Steuer überzeugen, was wesentlich dem öffentlichkeitswirksamen Auftritt von Vertretern des Schweizer Kapitals geschuldet ist. Peter Spuhler, Chef des international tätigen Schienenherstellers Stadler Rail, habe im Abstimmungskampf eine »Schlüsselrolle« gespielt, titelte die Boulevardzeitung Blick zu Recht. Schon früh hatte Spuhler geklagt, er werde aus der Schweiz »vertrieben« – und warnte gemeinsam mit Bundesrat und Parlament, Wirtschaftsverbänden und liberalen Professoren eindringlich vor der Beschädigung des Wirtschaftsstandortes.

Selten war das Kapital so erfolgreich darin, sein Partikularinteresse zu verallgemeinern – und das bei einer Initiative, die mit der stetig wachsenden Vermögensungleichheit und der Klimafrage zwei der drängendsten Themen miteinander verbunden hatte. Klima und Umwelt gehören in Schweizer Umfragen seit Jahren zu den meistgenannten Sorgen – mal auf Rang eins, mal knapp dahinter. Gleichzeitig meinen gemäß dem Forschungsinstitut GFS Bern rund 79 Prozent der Bevölkerung, das Wohlstandsgefälle sei zu groß; 69 Prozent würden eine stärkere Besteuerung von Reichtum begrüßen.

Doch offenbar übersteigt die Angst vor dem Abzug des Kapitals, wenn sie einmal mobilisiert wird, noch immer jede Empörung über die Ungleichheit und jede Furcht vor dem ökologischen Kollaps. Dazu hatten auch die Sozialdemokraten der SPS beigetragen. Vordergründig hatte sie sich zwar hinter ihre Jungpartei gestellt, aber im Hintergrund arbeitete sie fleißig an der Entschärfung der Initiative. In vorauseilender Kompromissbereitschaft bot sie mit einer »Zukunftsinitiative light« die Hand zum Kompromiss, entwaffnete damit den Angriff ihrer Jungpartei – und erkannte die Drohungen des Kapitals an.

Von bürgerlicher Seite gab es nach dem Abstimmungssonntag neben Häme für die Linke auch Lippenbekenntnisse. So befürwortete etwa der Milliardär und Mitgründer des Finanzinvestors Partners Group, Alfred Gantner, »eine progressive Besteuerung des Vermögens«. Die Linke hätte »eine riesige Chance vergeben«, schrieb der Tagesanzeiger. Eine Erbschaftssteuer würde »die Wirtschaft ankurbeln und die Welt gerechter machen«, doch indem sie die Milliardäre als Kriminelle dargestellt hätten, hätten sie »das Image der Steuer ruiniert«. Und die NZZ meint, nun »dürften auch Ansätze für eine moderate Erbschaftssteuer einen schweren Stand haben«.

Jetzt, da die Initiative versenkt ist, lässt sich von bürgerlicher Seite leicht mit Vermögenssteuern sympathisieren – nachdem man monatelang Panik vor Kapitalflucht und Standortzerstörung geschürt hat. Im Ernstfall ist eine Zustimmung selbst zu milden Eingriffen aber nicht zu erwarten. Für moderate Ansätze ist im politischen Betrieb fast nur noch die SPS zu haben – und ausgerechnet damit nimmt sie dem Anliegen das Profil, die Radikalität und das mobilisierende Potential. Die krachende Niederlage vom vergangenen Sonntag ist nicht nur Ergebnis einer wirksamen Gegenkampagne, sondern auch Ausdruck einer politischen Strategie, die Klassenkonflikte lieber entschärft, als sie offensiv auszutragen.

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