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Aus: Ausgabe vom 02.12.2025, Seite 6 / Ausland
Großbritannien

Sultana setzt sich durch

Großbritannien: Neue linke Kraft unter dem Namen »Your Party« gegründet. Corbyn-Fraktion unterliegt in richtungsweisenden Abstimmungen
Von Dieter Reinisch
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Streit beim Gründungsparteitag: Sultana (M.) hinter Corbyn (Liverpool, 30.11.2025)

Nun hat Großbritannien auch offiziell eine neue Linkspartei: Am Wochenende fand in Liverpool der Parteitag um Jeremy Corbyn und Zarah Sultana statt. Die Delegierten stimmten auch über den dauerhaften Namen der neuen Partei ab: Sie wird »Your Party« heißen, verkündete Corbyn zum Abschluss. 37 Prozent der Delegierten stimmten für den Namen. Nicht zur Auswahl stand der Vorschlag von Sultana: »Left Party«. Doch abgesehen vom Namen konnte Sultana an dem Wochenende die neue Partei nach ihren Vorschlägen formen. Für den ehemaligen Labour-Parteivorsitzenden Corbyn war es dagegen ein Rückschlag.

»Die Gründung einer neuen Partei ist eine aufregende Sache«, sagte Sultana den Medien, bevor sie sich am Samstag auf den Weg zur Konferenz machte. Doch die Konferenzhalle betrat sie am ersten Tag nicht, um gegen den Ausschluss enger Mitarbeiter aus der neuen Partei zu protestieren. Statt dessen sprach sie auf einer der Nebenveranstaltungen im Umfeld der Konferenz. Dort griff sie vor Unterstützern die Maßnahmen an, die vom Leitungsgremium ergriffen worden waren. »Eine Hexenjagd«, sagte Sultana laut BBC. Der Austritt war aufgrund von Doppelmitgliedschaften erfolgt, wie es von seiten eines Parteisprechers hieß. Vorwiegend betraf dies Aktivisten der trotzkistischen Socialist Workers Party.

Die Stimmung in der gefüllten Halle war angespannt, wie Anwesende gegenüber jW berichteten. Dennoch war Corbyn zunächst guter Dinge: Die neue Partei hätte 50.000 Mitglieder, verkündete er. Delegierte berichteten, dass Personen vom Sicherheitspersonal des Saals verwiesen wurden; auch Medienvertreter wurden demnach kurzfristig weggeschickt und mussten aus dem Medienraum berichten. Delegierte prangerten außerdem an, dass Rednern von der Konferenzleitung untersagt worden war, die in Großbritannien verbotene Gruppe Palestine Action zu erwähnen. »Ich unterstütze Palästina mit jeder Aktion«, umging ein Delegierter das Verbot in seiner Rede.

»Das Verhalten von Corbyn und seinen Anhängern hat ihn viel an Respekt gekostet«, sagte ein Aktivist gegenüber jW am Samstag abend. Deutlich wurde dies am zweiten Tag: Corbyn verlor zwei der zentralen Abstimmungen. Mit knapp 51,6 Prozent gegenüber 48,4 Prozent stimmte der Parteitag für eine kollektive Leitung und gegen die Wahl eines Parteivorsitzenden. Ein lähmender Wahlkampf zwischen Corbyn und Sultana wurde dadurch verhindert. Sultana hatte sich für die kollektive Leitung als »maximale Mitgliederdemokratie« ausgesprochen, wogegen Corbyn einen Vorsitzenden an der Spitze bevorzugte. »Wir haben es geschafft«, schrieb Sultana auf X nach Bekanntgabe des Ergebnisses.

Dass die Mitgliederzahlen weit geringer sein könnten, als die 50.000, die Corbyn am Vortag verkündet hatte, zeigen die Abstimmungszahlen. Nur 8.800 Mitglieder nahmen online an der Abstimmung teil. Bei ihrer Gründung hatte die Partei 21.000 Mitglieder. Mit deutlich über 60 Prozent stimmten die Mitglieder später für die Zulassung von Doppelmitgliedschaften – auch das ist ein herber Schlag für Corbyn. Nach den beiden Abstimmungserfolgen betrat Sultana am Sonntag mittag den Saal. Bereits seit August hatte sie sich als Repräsentantin der Parteibasis ausgegeben und trug nun den Sieg im Fraktionskampf am Sonntag davon: »Ausschlüsse und Zensur sind nicht akzeptabel, dieses Vorgehen kommt direkt aus dem Handbuch der Labour-Rechten«, griff sie die Fraktion Corbyns direkt an. Von den Anwesenden im Saal wurde sie mit stehenden Ovationen gefeiert.

Für die kollektive Leitung möchte sie kandidieren. Bis Ende Februar soll der Auswahlprozess abgeschlossen sein, gab Corbyn bekannt. Ob er selbst kandidieren wird, ist nach dem Gründungsparteitag unwahrscheinlich. Steven Methven, Redakteur der einflussreichen linken Novara Media, fragte nach Abschluss des Parteitags auf X: »Ist dies das Ende des Corbynismus?« Ob Sultana in der Lage sein wird, die neue Partei zu einen, sehen viele jedoch ebenfalls skeptisch.

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