In Francos Schatten
Von Carmela Negrete
Zum 50. Todestag des spanischen Diktators Francisco Franco, der an diesem Donnerstag begangen wird, sind aus Spanien widersprüchliche Signale zu vernehmen. Kaum zufällig hat die spanische Regierung am 4. November im Vorfeld des Jahrestags insgesamt 171 Nachkommen ehemaliger Angehöriger der Internationalen Brigaden eingebürgert. Sie hatten die spanische Staatsbürgerschaft beantragt und erhielten sie nun per Dekret: 54 Kinder und 117 Enkelkinder von Interbrigadisten.
Damit setzt die Regierung das »Gesetz über das demokratische Gedächtnis« von 2022 um, das diese Maßnahme ausdrücklich vorsieht. Mit der Einbürgerung sollen jene »Männer und Frauen geehrt werden, die freiwillig nach Spanien kamen, um die republikanische Legalität gegen den Militärputsch von 1936 zu verteidigen«. Die Internationalen Brigaden hätten, so heißt es in der Begründung, »die Werte von Freiheit, Gleichheit und Solidarität« verkörpert. Die Entscheidung habe »eine bedeutende symbolische Tragweite in einem globalen Kontext, der von Revisionismus und der Delegitimierung demokratischer Werte geprägt ist«.
Unter den neu Eingebürgerten finden sich Staatsangehörige aus Kuba, den USA, Polen, dem Vereinigten Königreich, Australien, Italien und Frankreich. Auch drei Personen aus Deutschland sind darunter: Fritz Mergen, Rosita Mergen und André Egon Hermann Janka vom Verein »Kämpfer und Freunde der spanischen Republik 1936–1939«, der das Andenken an die rund 5.000 deutschen Interbrigadisten wachhält – von denen etwa 3.000 in Spanien ihr Leben verloren.
Am vergangenen Donnerstag hat das spanische Parlament zudem eine Reform des Vereinsrechts beschlossen. Künftig sollen Aktivitäten verboten werden, die den Franquismus rechtfertigen oder glorifizieren. Damit dürfte unter anderem die »Francisco-Franco-Stiftung« vor der Schließung stehen. Der Verein verherrlicht den Diktator offen und verwahrt rund 30.000 eigentlich staatliche Dokumente – darunter Briefe und geheime Regierungsberichte.
Künftig soll die Huldigung der Diktatur als Demütigung der Opfer sowie als »direkte oder indirekte Anstiftung zu Hass oder Gewalt« gelten. Gegen die Gesetzesänderung stimmten erneut die konservative Volkspartei (PP), der CDU-Partner in Spanien, sowie die extrem rechte Vox.
Auch in der Justiz bewegt sich erstmals etwas in Richtung Aufarbeitung. Zum ersten Mal sollen zwei Verantwortliche franquistischer Verbrechen vor Gericht aussagen – darunter der ehemalige Innenminister und berüchtigte Folterer Rodolfo Martín Villa. Die Opferverbände bleiben jedoch vorsichtig. Die von konservativen Kräften dominierte Justiz hat bislang nahezu alle Anzeigen eingestellt – unter Berufung auf angebliche Verjährung, die bei Verbrechen gegen die Menschheit nicht möglich ist, oder mit Verweis auf das Amnestiegesetz von 1977.
Gleichzeitig finden weiterhin faschistische Veranstaltungen statt, die nach dem neuen Gesetz nicht mehr zulässig wären. Am 8. November marschierten laut Polizei rund 700 Faschisten mit »Heil Hitler«-Rufen durch Madrid. Sie sangen die Franco-Hymne »Cara al Sol« und huldigten dem Falangistenführer José Antonio Primo de Rivera. Gefordert wurde das gesamte rechte Repertoire – von »Remigration« bis zu »White Lives Matter«. Die Demonstration ist nur eine von mehreren Manifestationen der letzten Zeit, auf denen überwiegend junge Faschisten ungehindert Hass und illegale Inhalte verbreiteten. Die Regionalregierung Madrids steht unter Kontrolle des PP, doch auch die Zentralregierung scheint nur begrenzt gegen diese Entwicklungen vorzugehen.
In dieser Woche ist das Programm der franquistischen »Gedenkveranstaltungen« besonders dicht. Teile der katholischen Kirche beteiligen sich aktiv und feiern unter anderem in Cuelgamuros – der früheren »Valle de los Caídos« – eine Messe. Dort hatte Franco durch Zwangsarbeiter ein monumentales Mausoleum und das größte Kreuz Europas errichten lassen. Auch an anderen Orten werden, wie jedes Jahr, Gottesdienste abgehalten, um dem Diktator zu huldigen. Zudem ist eine Kranzniederlegung in Mingorrubio geplant, dem neuen Bestattungsort Francos, der sich mittlerweile zu einem ganzjährigen Wallfahrtsort für Neonazis entwickelt hat.
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