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Aus: Ausgabe vom 12.11.2025, Seite 16 / Sport
Eishockey

Casting auf Kufen

Drei Monate vor Olympia gewinnen die DEB-Teams der Frauen und Männer den Deutschland-Cup
Von Andreas Müller
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Celina Haider (l.) erzielt für das DEB-Team das 5:0 gegen Ungarn

Ladies first. Die Frauen im Trikot des Deutschen Eishockeybundes (DEB) haben am Wochenende beim wichtigsten Heimturnier in Landshut wie im Vorjahr die Trophäe in die Höhe strecken dürfen. Sie besiegten am 4. November zum Turnierauftakt zunächst Frankreich mit 3:2 nach Penaltyschießen, zwei Tage später die Slowakinnen mit 3:2 in der Overtime und zum Abschluss am Sonnabend Ungarn mit 9:1. Vor allem dieser Torreigen zum Abschluss überraschte, denn gegen die Ungarinnen hatten sich die deutschen Frauen am 9. Februar dieses Jahres in Bremerhaven nur dank eines mühsamen 2:1-Sieges das Ticket für die Olympischen Winterspiele vom 6. bis 22. Februar in Mailand und Cortina d’Ampezzo gesichert.

Nach dem jüngsten Auftritt dürfe das Team von Bundestrainer Jeff MacLeod reichlich Selbstvertrauen für das olympische Turnier getankt haben, bei dem es die DEB-Frauen in der Vorrunde am 5. Februar mit Schweden, am 7. Februar mit Japan, am 9. Februar wieder mit Frankreich und einen Tag darauf mit den Italienerinnen zu tun bekommen. Zur unmittelbaren Vorbereitung auf das Saisonhighlight gibt es ab dem 26. Januar ein Camp in Füssen, wobei der Coach bei der Auswahl der 23 Spielerinnen für seinen endgültigen Kader leichtes Spiel hat. Bei nur vier Bundesligateams, die am 15. November in die neue Runde starten, ist das Personal sehr überschaubar. Mit Sandra Abstreiter gibt es aktuell nur eine einzige Überseelegionärin aus der nordamerikanischen Professional Women’s Hockey League. Die 27jährige Torfrau, die in Montreal unter Vertrag ist, rettete mit ihren Paraden gleich im Auftaktmatch gegen die Französinnen den so wichtigen Zusatzpunkt für den Turniersieg in der Endabrechnung.

Vollkommen anders ist die vorolympische Situation des Nationalteams der Männer: Beim neuen Deutschland-Cup-Format, inzwischen zum dritten Mal gemeinsam mit den Frauen im selben Stadion ausgetragen, ging es auf und ab. Beim letzten Test vor den Olympischen Spielen triumphierten die Deutschen am Sonntag mit 3:0 über die Slowakei. Dank des Erfolgs im direkten Vergleich gelang doch noch der elfte Gesamtsieg bei dem seit 1987 ausgetragenen Turnier. Damit war nach der enttäuschenden 2:5-Niederlage tags zuvor gegen Österreich nicht unbedingt zu rechnen. Zu Turnierbeginn am Donnerstag hatte das Team von Bundestrainer Harold Kreis noch überzeugend mit 4:1 gegen die Letten gewonnen, die bei Olympia am 14. Februar erneut der Gegner sein werden. Außerdem warten in der Vorrunde Dänemark (12.2.) und die USA (15.2.), bevor es in der K.-o.-Phase um die Medaillen gehen könnte.

Rund drei Monate vor den Spielen in Mailand glich das traditionelle Heimturnier für die Profis aus der Deutschen Eishockeyliga (DEL) einem Casting auf Kufen. Niemand wollte fehlen, ausgenommen gestandene Auswahlakteure wie Leo Pföderl oder Marcel Noebels vom Meister Eisbären Berlin, die wegen der zuletzt hohen Belastung im Klub geschont wurden. Die interne Konkurrenz ist groß, denn von den 25 Plätzen für den Olympiakader ist fast die Hälfte bereits an Leon Draisaitl und die anderen Überseeprofis aus der nordamerikanischen National Hockey League (NHL) wie Philipp Grubauer, John-Jason Peterka, Lukas Reichel und Tim Stützle sowie für Akteure aus den dortigen Farmteams vergeben.

Für die Cracks aus der heimischen Liga – oder auch aus der Schweizer Liga wie Dominik Kahun – bleiben also nur die restlichen Tickets übrig. Trotzdem glaubt etwa Verteidiger Moritz Müller von den Kölner Haien fest an seine Chance, zum dritten Mal bei den Olympischen Winterspielen aufzulaufen. »Genau deswegen habe ich noch ein Jahr rangehängt«, sagt der langjährige Kapitän der DEB-Auswahl, der am 19. November 39 Jahre alt wird. Ob Harold Kreis den Veteran noch einmal nominiert? Der Coach ist nicht zu beneiden. Für ihn gilt es nun zu filtern, wem aus der DEL er zutraut, bei Olympia mit den Besten mithalten zu können. Erstmals seit den Winterspielen von 2014 in Sotschi wird die NHL wieder eine Olympiapause einlegen, damit ihre Stars teilnehmen können.

Entsprechend ist beim Olympiaturnier der Männer mit einem enormen sportlichen Niveau zu rechnen. Zumindest ein Hauch vom zu erwartenden NHL-Flair wehte in der vergangenen Woche schon mal durch die Arena in Landshut. Marco Sturm, seit Juni Cheftrainer der Boston Bruins und damit in der NHL-Geschichte der erste Deutsche auf einer solchen Position, war von 1995 bis 1997 in der größten Stadt Niederbayerns auf Torejagd gegangen, bevor der Stürmer in die weltbeste Liga wechselte und es dort auf über 1.000 Matches brachte. Als Bundestrainer hatte der heute 47jährige das DEB-Team 2018 bei den Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang sensationell zu Silber geführt. Eine Plazierung, die angesichts der namhaften Konkurrenz aus den USA, Kanada, Schweden, Finnland, Tschechien oder der Schweiz für die Mannschaft im DEB-Trikot beim bevorstehenden Großereignis am Puck illusorisch scheint.

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