Gegründet 1947 Sa. / So., 27. / 28. Dezember 2025, Nr. 300
Die junge Welt wird von 3063 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 12.11.2025, Seite 5 / Inland
Kartoffeln

Erdäpfel bleiben in der Erde

Rekordernte ist schlecht fürs Geschäft. Kartoffeln bleiben auf dem Feld oder werden verfeuert
Von Ralf Wurzbacher
Kartoffel_Ernte_87425703.jpg

Weltweit leiden mehr als 700 Millionen Menschen Hunger – und in Deutschland verrotten die Kartoffeln auf den Äckern. Der Kapitalismus schreibt skurrile Geschichten. Weil die Preise wegen Überproduktion und geringer Nachfrage im Keller sind, überlassen viele Bauern die gelben Knollen sich selbst. Die Ernte lohnt nicht, die Kosten übersteigen den möglichen Erlös. Am Dienstag ließ Bild Landwirt Christian Schridde (42) aus Niedersachsen zu Wort kommen. Um sein Minusgeschäft in Grenzen zu halten, hat er 400 Tonnen Erdäpfel in der Biogasanlage verfeuert. »Ich will, dass Menschen satt werden, nicht Maschinen. Mir blutet das Herz.«

Mehr Plan täte der Wirtschaft gut. Die Bauern waren eigentlich obenauf, als sie bis Herbstende eine Rekordernte einfuhren. Mit 13,4 Millionen Tonnen und 17 Prozent über dem mehrjährigen Mittel war der Ertrag so hoch wie seit über zwei Dekaden nicht mehr. Günstige Witterungsbedingungen und eine um fast sieben Prozent gewachsene Anbaufläche sorgten für Wurzelgemüse im Überfluss. In den Vorjahren ließ sich damit gutes Geld verdienen, weshalb viele Betriebe auf den Zug aufgesprungen waren. Jetzt aber nimmt der freie Markt die großen Massen nicht auf, zumal die Einzelhändler – Regionalität und Klimaschutz zum Hohn – auch Kartoffeln aus Ägypten und Spanien loswerden wollen. Für die deutsche Knolle fehlt einfach der entsprechend lukrative Bedarf. Deshalb ab in den Müll damit, in der Erde lassen oder bestenfalls an die Schweine verfüttern.

Apropos: Schweinezyklus nennt sich das fragliche Marktversagen im Fachjargon – eine periodische Schwankung der Angebotsmenge und des Preises. »Wir bekommen derzeit sechs bis sieben Cent für das Kilo, im Supermarkt liegen die gleichen Sorten für 70 Cent bis einen Euro pro Kilo«, klagte Bauer Schridde in Bild. Immerhin für Rewe, Lidl und Aldi lohnt sich die Sache noch, und die Verbraucher profitieren von vergleichsweise günstigen Preisen. Nur die Erzeuger sind die Dummen, wie so oft. Das Problem kennen sie ja schon, von den Milchseen und Butterbergen. Schridde jedenfalls hat seine Lektion gelernt: »Nächstes Jahr baue ich nur noch die Hälfte an.« Ganz bestimmt wird sein Beispiel Schule machen und 2026 ein Jahr des Mangels. Verflixt noch mal!

Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug

Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.